Immer mehr Kritik an Unternehmensstrafrecht

Gegenwind von Fonds und Kreditwirtschaft

Immer mehr Kritik an Unternehmensstrafrecht

wf Berlin – Der enorme Widerstand gegen das geplante Unternehmensstrafrecht verstärkt sich weiter. Auch große Fondsgesellschaften und die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) halten dagegen, nachdem sich bereits führende Wirtschaftsverbände in einem Brandbrief an das Bundesjustizministerium und die Anlegerschützer DSW ablehnend geäußert haben. In einer Stellungnahme zum Referentenentwurf eines “Gesetzes zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft” von Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) unterbreitet die Deutsche Vereinigung für Finanzanalyse und Asset Management (DVFA) konkrete Änderungsvorschläge. In der DVFA sind große Fondsgesellschaften wie Allianz Global Investors, Deka und Union Investment aktiv.Das Ziel der “Stärkung der Integrität in der Wirtschaft” werde “verfehlt”, da im Entwurf nur die Unternehmen – und damit die Anteilseigner – sanktioniert werden, aber nicht die verantwortlichen Organmitglieder, heißt es in der DVFA-Stellungnahme. Ähnlich hatte die DSW argumentiert. Konzediert wird, dass sich die aktienrechtliche Organhaftung als “stumpfes Schwert” erwiesen habe. Unternehmensbußgelder hätten aber keine Wirkung auf die handelnden Mitarbeiter. Dies habe die Monopolkommission 2015 festgestellt, es sei durch jüngere Studien belegt. Das Gesetz könne aber nur dann Verhalten steuern, wenn ein Regressanspruch gegen die verursachenden Personen besteht, schreibt die DVFA. Dieser müsse angemessen sein und z. B. durch eine Haftungsgrenze limitiert werden. Von einer namentlichen Berichterstattung im Geschäftsbericht und an die Hauptversammlung über Sanktionszahlungen verspricht sie sich zusätzliche disziplinierende Wirkung. Die DVFA rät dazu, nicht neues Recht einzuführen, sondern das Ordnungswidrigkeitengesetz zu verschärfen.Die DK hat ihrer Stellungnahme zufolge ebenfalls “schwerwiegende Bedenken”. Der Referentenentwurf gehe deutlich über das Ziel im Koalitionsvertrag hinaus und belaste die Wirtschaft inmitten der Coronakrise zusätzlich. Gebrochen werde der Grundsatz im deutschen Recht, dass nach dem Schuldprinzip strafrechtliche Sanktionen nur gegenüber natürlichen Personen verhängt werden können. Zudem hält sie schon die Definition einer “Verbandstat” (einer Straftat, die von Unternehmen begangen wurde) für uferlos. Der Entwurf sollte am Begriff der Wirtschaftskriminalität ansetzen, wie im Koalitionsvertrag vorgesehen. Der Sanktionsrahmen, der an Umsatzgrößen anknüpft, sei – besondere für Kreditinstitute – unangemessen und könne existenzbedrohend sein.