Anklage wegen Sprengung von Geldautomaten

Staatsanwaltschaft bringt Bande aus Ungarn vor Gericht - BKA: Zahl der Angriffe auf hohem Niveau - Kriminelle Netzwerke

Anklage wegen Sprengung von Geldautomaten

Von Karin Böhmert, FrankfurtNicht jeder Versuch, einen Geldautomaten zu sprengen, ist erfolgreich, doch das hält manche Täter nicht davon ab, es immer wieder zu probieren – bis sie geschnappt werden. Jetzt hat die Generalstaatsanwaltschaft Frankfurt (Eingreifreserve) gegen drei Beschuldigte Anklage unter anderem wegen des Verdachts des Herbeiführens einer Sprengstoffexplosion und des schweren Bandendiebstahls in jeweils drei Fällen sowie des Verdachts der Vorbereitung eines Explosionsverbrechens in zwei Fällen und wegen Sachbeschädigung erhoben. Per Fernzündung ans Geld Bei den Angeklagten handelt es sich den Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge um drei ungarische Staatsangehörige im Alter von 40, 42 und 45 Jahren. Ihnen werde zur Last gelegt, sich Anfang 2017 mit weiteren Personen, die gesondert verfolgt würden, in Ungarn zu einer Bande zusammengeschlossen zu haben, um in wechselnder Besetzung aus dem Ausland ab Oktober 2017 in die Bundesrepublik einzureisen und Geldausgabeautomaten aufzusprengen, um das darin befindliche Bargeld zu entwenden. Dabei sollen die Angeklagten in wechselnder Besetzung jeweils mit mindestens zwei Personen verschiedene Bankfilialen aufgesucht haben. Dort sollen sie dann aus mitgebrachten Gasflaschen ein hochexplosives Gasgemisch in den Geldausgabeschacht der Automaten eingebracht haben. Dem Plan der Angeklagten zufolge sollte dann das Gas mittels einer Fernzündung zur Explosion gebracht werden, um den Automaten zu zerstören und an das Geld zu gelangen.Das klappte so richtig nur einmal, und zwar bereits im Dezember 2017, wobei die Täter mehr als eine Viertelmillion Euro erbeuteten und einen Sachschaden von 44 000 Euro verursachten. Bei den Taten zuvor im Oktober 2017 und danach im Februar 2018 kam es zwar jeweils zu einer Explosion, es soll den Angeklagten jedoch nicht gelungen sein, aus den beschädigten Geldausgabeautomaten das Bargeld zu entwenden, wie die Staatsanwaltschaft weiter mitteilt. Zuletzt, jeweils um den Nikolaustag 2018 und 2019, soll es nicht zu einer Explosion gekommen sein. Durch “eine sehr gute Zusammenarbeit zwischen deutschen und ungarischen Polizei- und Justizbehörden”, wie die Staatsanwaltschaft betont, wurden die Angeklagten im Dezember 2019 in Dresden festgenommen und sitzen seitdem in Untersuchungshaft; die Hauptverhandlung gegen die drei Beschuldigten soll ab dem 6. Oktober vor dem Landgericht Fulda stattfinden.Insgesamt liegen die Angriffe auf Geldautomaten weiterhin auf hohem Niveau, wie das Bundeskriminalamt (BKA) aus den Daten für das Jahr 2019 ermittelt hat, auch wenn die Anzahl um 6,9 % auf 549 Fälle zurückging. Von Angriffen mit Winkelschleifern oder Brecheisen abgesehen entfielen 349 Fälle auf Sprengungen (bzw. entsprechende Versuche). Dies stellt gegenüber 2018 zwar einen Rückgang um 5,4 % dar. Im Jahr 2015 allerdings waren es mit 157 Fällen weniger als halb so viele wie heute (siehe Grafik). SicherheitsvorkehrungenErmutigen dürfte die Kreditinstitute, dass in zunehmendem Maße (131 Fälle, + 1,9 %) die geplante Sprengung nicht ausgelöst wurde. Auch wurde in 207 Fällen (- 10,8 %) kein Bargeld erbeutet, selbst bei erfolgreicher Sprengung. Hierzu dürften dem BKA zufolge auch Sicherheitsvorkehrungen der Banken, wie austretender Nebel, beigetragen haben. Die Justiz verfolge Sprengungen von Geldautomaten aufgrund der von ihnen ausgehenden hohen Risiken für die Allgemeinheit konsequent und sanktioniere diese, teilt das BKA mit und verweist auf den Fall eines im Juni 2019 zu einer Freiheitsstrafe von sechseinhalb Jahren verurteilten 33-jährigen, in den Niederlanden lebenden marokkanischen Staatsangehörigen. Das Mainzer Landgericht sah es den Angaben zufolge als erwiesen an, dass der Mann an zwei erfolglosen Geldautomatensprengungen mitgewirkt und sich so des Versuchs eines besonders schweren Diebstahls in Tateinheit mit einer Sprengstoffexplosion sowie Sachbeschädigung strafbar gemacht hat. Der Fall sei ein Beispiel für reisende Täter, die als Mitglied einer Bande oder eines kriminellen Netzwerkes länder- und grenzübergreifend agieren, betont das BKA. Sprengungen von Geldautomaten würden meist arbeitsteilig durch Gruppen begangen, während Einzeltäter eher selten seien.2019 ermittelte das BKA 132 Tatverdächtige (+ 3,1 %) und stufte davon 90 als reisende Täter ein. Wie in den Vorjahren stamme mit 68 Personen der größte Teil reisender Täter aus den Niederlanden, überwiegend aus der Region Utrecht/Amsterdam, und weise häufig einen marokkanischen Migrationshintergrund auf. Weitere reisende Tatverdächtige stammten aus Moldawien (10) und aus Rumänien (6), wie das BKA berichtet.