Verfahren gegen Lkw-Kartell geplatzt

Landgericht München weist Schadenersatzklage eines Prozessfinanzierers ab

Verfahren gegen Lkw-Kartell geplatzt

sck München – Das Zivilverfahren gegen ein europäisches Lkw-Kartell ist in erster Instanz gescheitert. Das Landgericht München hat entschieden, dass die Klage mehrerer Spediteure auf 867 Mill. Euro Schadenersatz unzulässig ist. Die zuständige Zivilkammer habe diese abgewiesen, teilte das Gericht mit. Die Juristen beriefen sich in ihrem Urteil vor allem auf formale Gründe. Das Landgericht begründete das Urteil damit, dass die gebündelten Forderungen der Fuhrparkunternehmen über den beauftragten Prozessfinanzierer Financialright gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) verstoßen. Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig. Der Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung (BGL) kündigte an, zusammen mit Financialright in Berufung zu gehen.Das Gericht stellte fest, dass die Sammelkläger ein “auf die IT-basierte Durchsetzung von Massenschadensfällen spezialisiertes Rechtsdienstleistungsunternehmen” als Vertreterin ihrer Interessen in dem Verfahren eingesetzt haben. Die Richter stützen sich bei der Begründung ihrer Entscheidung vor allem auf zwei Punkte: “Die Nichtigkeit ergibt sich nach Überzeugung der Kammer zum einen daraus, dass die Rechtsdienstleistungen der Klägerin von vorneherein nicht auf eine außergerichtliche, sondern ausschließlich auf eine gerichtliche Tätigkeit gerichtet sind.” Diese Dienste seien kein Inkasso im Sinne des RDG. Die Klägerin überschreite damit ihre Inkassoerlaubnis. Zweitens verstoße die Klägerin gegen das Gesetz, “weil die Erfüllung der Pflichten gegenüber den Kunden durch andere Leistungspflichten der Klagepartei unmittelbar beeinflusst und gefährdet wird”. Eine wechselseitige Beeinflussung und Gefährdung von Interessen ergebe sich unter anderem im Vertragsverhältnis zu ihren jeweils einzelnen Kunden.Die EU-Kommission hatte 2016 gegen Daimler, Iveco, DAF und Volvo/Renault eine Rekordstrafe von 2,9 Mrd. Euro verhängt. Ein Jahr darauf erhielt auch die VW-Tochter Scania einen Bußgeldbescheid über 881 Mill. Euro aus Brüssel. Die europäischen Kartellwächter sahen es seinerzeit als erwiesen an, dass sich die Lkw-Hersteller 14 Jahre lang bis 2011 unerlaubt über Bruttolistenpreise in Europa abgesprochen hatten. Die ebenfalls an den illegalen Absprachen beteiligte MAN-Gruppe blieb damals straffrei wegen einer Kronzeugenregelung.Mehr als 3 000 Spediteure forderten mit Hilfe des BGL Schadenersatz. Die Hersteller hätten 84 000 Lastwagen überteuert verkauft. Die Kläger traten ihre Ansprüche an Financialright ab. Die Beklagten monierten, dass die Gegner im Rechtsstreit einen Prozessfinanzierer einsetzten. Das Gericht selbst sprach davon, “juristisches Neuland” zu betreten. Beim Landgericht liegt noch eine weitere Klage von Financialright über 541 Mill. Euro. Darüber hat die Kammer noch nicht entschieden.