IM GESPRÄCH: TILLMANN PEETERS

Akkordstörern Einhalt gebieten

Sanierungsexperte voll des Lobes für neues Gesetz - Lösung für Teilausfall von KfW-Krediten ohne Insolvenz

Akkordstörern Einhalt gebieten

Von Annette Becker, DüsseldorfDie Meinungen zum Entwurf des Unternehmenssanierungs- und Restrukturierungsgesetzes – kurz StaRUG – gehen in der Fachwelt weit auseinander. Während die Riege der Insolvenzverwalter erheblichen Änderungsbedarf ausmacht – ihnen ist das Gesetz schlicht zu schuldnerfreundlich -, sind Sanierungs- und Restrukturierungsexperten voll des Lobes für den Gesetzentwurf. Gerade vor dem Hintergrund der Folgen der Covid-19-Pandemie gilt es nach ihrer Einschätzung keine Zeit zu verlieren.”Die Pandemie und ihre Folgen haben Druck auf den Kessel gebracht, die Richtlinie zügig in Gesetzesform zu gießen”, ist Sanierungsexperte Tillmann Peeters überzeugt, auch wenn er sich nicht darauf festnageln lassen will, ob das Gesetz tatsächlich wie geplant zum 1.1.2021 in Kraft tritt. Nach Einschätzung des Geschäftsführers der Sanierungsberatung Falkensteg ist es gelungen, ein Sanierungsinstrument zu entwickeln, das außerhalb der Insolvenzordnung steht und dennoch die Akkordstörer auf der Gläubigerseite einfängt. Jenseits des Insolvenzrechts gibt es bislang nur die Möglichkeit der außergerichtlichen Sanierung. Diese setzt jedoch die Zustimmung aller Gläubiger voraus. Mit dem StaRUG reicht dagegen die Zustimmung einer qualifizierten Mehrheit der Gläubiger von 75 % bezogen auf die Forderungssumme, um die Sanierung anzustoßen.”Im Zentrum des neuen Sanierungsgesetzes steht die Reparatur der Passivseite”, sagt Peeters und ergänzt, dass in Arbeitnehmerrechte und damit auch in Pensionsverbindlichkeiten nicht eingegriffen werden kann. Entsprechend führe für Unternehmen mit übermäßig hohen Pensionslasten auch künftig kein Weg an der Insolvenz vorbei.”Überrascht hat mich die Möglichkeit, umfänglich in Vertragsverhältnisse einzugreifen. Das geht über eine rein finanzielle Sanierung hinaus, da in Geschäftsmodelle eingegriffen werden kann, beispielsweise bei großen Filialunternehmen”, erläutert der Sanierungsfachmann. Aus Mietverhältnissen herauszukommen, also gegen den Grundsatz der Vertragstreue zu verstoßen, war bislang nur in der Insolvenz möglich.Wenngleich das neue Sanierungsgesetz aufgrund der hohen Komplexität in der Praxis zunächst vor allem von Großunternehmen genutzt werden dürfte, geht Peeters davon aus, dass die Sanierung unter dem StaRUG auch für den gehobenen Mittelstand mit 50 bis 100 Beschäftigten geeignet ist. Das dürfte insbesondere im Umgang mit den Coronahilfen relevant werden: “Der Staat hat die Unternehmen in diesem Jahr mit Krediten vollgepumpt, die diese unmöglich alle vollständig zurückzahlen können. Will man diese Firmen nicht in die Insolvenz schicken – weil ein Großteil da vermutlich auch nicht hingehört -, bedarf es eines anderen Instruments, um überschuldete, aber nicht zahlungsunfähige Unternehmen zu sanieren”, ist Peeters überzeugt.Das neue Sanierungsinstrument steht jenen Unternehmen offen, die nur drohend zahlungsunfähig, aber noch für mindestens zwölf Monate durchfinanziert sind – Unternehmen also, die heute schon wissen, dass sie in absehbarer Zukunft ihren Zahlungsverpflichtungen nicht mehr fristgerecht nachkommen können, aktuell aber noch rechtzeitig bezahlen. Überschuldung ist und bleibt dagegen auch künftig ein Insolvenzgrund, auch wenn die Antragspflicht bis zum Jahresende ausgesetzt ist.Damit soll ein Anreiz gesetzt werden, frühzeitig in Verhandlungen mit den Gläubigern einzutreten. In Frage kommen dabei Unternehmen mit funktionstüchtigem Geschäftsmodell, die aber aufgrund der Coronakrise ins Straucheln geraten sind.”Ich denke, dass der Gesetzentwurf auch aufgrund der Pandemie diesen starken Schuldnerfokus bekommen hat”, sagt Peeters und verweist auf die Besonderheiten im Zusammenhang mit KfW-Krediten. Denn die staatliche Förderbank kann ohne richterlichen Beschluss nicht auf Geld verzichten. “Das Sanierungsgesetz ist meines Erachtens das Instrument, mit dem ermöglicht wird, dass die KfW-Kredite ohne Insolvenz in Teilen nicht zurückgezahlt werden müssen”, sagt Peeters. Sollte dem so sein, spricht vieles dafür, dass das Gesetz zum Jahresbeginn in Kraft tritt, denn nur dann kann das StaRUG im nächsten Jahr auch wieder aus der Krise heraushelfen.