Unicredit-CEO

Monte dei Paschi wird Orcels Gesellenstück

Kommende Woche soll der Verwaltungsrat von Unicredit darüber entscheiden, ob das Unternehmen die Monte dei Paschi di Siena übernimmt. Für Orcel wäre eine Übernahme zu so vorteilhaften Bedingungen das Gesellenstück.

Monte dei Paschi wird Orcels Gesellenstück

Von Gerhard Bläske, Mailand

Die kommende Woche ist eine entscheidende für Unicredit-CEO Andrea Orcel (58). Vermutlich am Mittwoch wird der Verwaltungsrat darüber entscheiden, ob die HVB-Mutter große Teile der mehrheitlich staatlichen Krisenbank Monte dei Paschi di Siena (MPS) übernimmt.

Seit Ende Juli verhandelt die Bank darüber mit dem Staat, der MPS bis Jahresende privatisieren muss. Die Gespräche dauern länger als erwartet. Dennoch haben Experten wie Stefano Caselli, Bankenprofessor an der Mailänder Universität Bocconi, keine Zweifel: „Der Deal wird zustande kommen. Ich denke, dass es dazu keine Alternativen gibt.“

Orcel sitzt am langen Hebel, denn es gibt keine anderen Interessenten. Der gebürtige Römer, der seit Mitte April an der Unicredit-Spitze steht, will keine Risiken eingehen. Der frühere Chef der Investmentbank-Sparte der Schweizer UBS, stellt deshalb knallharte Bedingungen für eine Übernahme von Italiens viertgrößter Bank: Sie muss kapitalneutral für sein Institut sein und soll eine steigende Profitabilität sicherstellen. Der Staat soll im Vorfeld eine Kapitalerhöhung von bis zu 7 Mrd. Euro sicherstellen, heißt es, faule Kredite und Rechtsrisiken übernehmen und Steuergutschriften von bis zu 2,3 Mrd. Euro sicherstellen. Eine entsprechende Regelung, Übernahmen mit Steuergutschriften, den sogenannten Deferred Tax Assets (DTA), zu fördern, hat Rom gerade extra um sechs Monate verlängert. Außerdem verlangt Orcel den Abbau von rund 7000 Stellen bei MPS – etwa ein Drittel des derzeitigen Personalbestands.

Nur die Rosinen

Ähnlich wie 2017 Unicredit-Konkurrent Intesa Sanpaolo bei der Übernahme von zwei venezianischen Volksbanken will auch Orcel nur die Rosinen der MPS. Die schlechten Teile, darunter diverse Töchter und 200 Filialen im Süden, sollen beim Staat verbleiben. Ministerpräsident Mario Draghi hat kaum eine Wahl: Er will MPS so schnell wie möglich loswerden. Die Bank stellt ein Systemrisiko dar: Sie ist das letzte große Problem in einem ansonsten inzwischen weitgehend gesundeten Bankensektor in Italien, könnte aber dennoch einen Flächenbrand auslösen. Draghi ist kompromissbereit, muss aber die Reaktionen aus Brüssel im Auge behalten.

Für Orcel wäre eine Übernahme zu so vorteilhaften Bedingungen das Gesellenstück: Sein Vorgänger, der Franzose Jean Pierre Mustier, musste gehen, weil er die Akquisition kategorisch abgelehnt hatte. Orcel sollte einen Strategiewechsel vollziehen. Er ist auf einem guten Weg. Er hat die Führungsstruktur gestrafft, die Organisation vereinfacht und das Italien-Geschäft zu einer eigenständigen Einheit aufgewertet. Er will das Investmentbanking stärken, und er hat die Digitalisierung in den Mittelpunkt gerückt. Vermutlich Ende November will Orcel eine neue Strategieplanung vorstellen. Dabei ist es von Bedeutung, ob MPS dazukommt.

Die Aktionäre können mit ihm zufrieden sein: Seit Orcel CEO ist, hat der Kurs um mehr als 42% zugelegt. Damit dürfte auch die Kritik an seinem im Vergleich zu Mustier hohen Jahresgehalt von 7,5 Mill. Euro für dieses Jahr verstummt sein.