Putin setzt auf Biden

Russlands Präsident hofft auf besseres Verhältnis zu den USA

Putin setzt auf Biden

dpa-afx Moskau – Der russische Präsident Wladimir Putin hat sich hoffnungsvoll gezeigt, dass sich das Verhältnis seines Landes zu den USA unter dem neu gewählten US-Präsidenten Joe Biden in einigen Punkten verbessern wird. Biden sei sowohl innen- als auch außenpolitisch erfahren, und er rechne damit, dass sich ein Teil der aufgetretenen Probleme unter der neuen Regierung lösen wird, sagte Putin bei seiner großen Jahrespressekonferenz. Erst am Dienstag hatte der 68-Jährige Biden zum Wahlsieg gratuliert – als einer der letzten Staatschefs weltweit.Putin wies erneut Berichte zurück, wonach Russland die US-Präsidentschaftswahl 2016 beeinflusst habe. “Das sind alles Spekulationen”, antwortete der Kremlchef auf die Frage eines Journalisten, warum russische Hacker dem noch amtierenden Präsidenten Donald Trump dieses Mal nicht geholfen hätten. Die Frage sei eine Provokation, fügte Putin hinzu. Er erwarte aber eine Einmischung aus dem Ausland bei den russischen Parlamentswahlen im nächsten Jahr, antwortete er auf die Frage eines anderen Journalisten. “Wir wissen das. Und wir bereiten uns darauf vor.”Trotz drohender neuer US-Sanktionen sieht Putin keine Gefahr für die umstrittene deutsch-russische Ostsee-Gaspipeline Nord Stream 2. “Das Projekt ist so gut wie abgeschlossen”, sagte der Kremlchef. Es müssten noch insgesamt 160 Kilometer Leitungen verlegt werden. Das Projekt werde bald beendet. Seit fast einer Woche geht der Bau nach einjähriger Unterbrechung weiter. Die US-Regierung sieht aber keine Chance mehr auf eine Fertigstellung. Nach den ersten US-Sanktionen vor einem Jahr drohen nun neue. Trump muss allerdings noch zustimmen. Putin sagte, Nord Stream sei “ein rein wirtschaftliches Projekt”. Er hoffe, dass die neue US-Regierung die Interessen der Verbündeten respektiere und wieder zu einem fairen Wettbewerb auf der Welt zurückkehre. “Es liegt auf der Hand, dass die deutsche Wirtschaft von diesem Projekt profitiert”, meinte der Kremlchef.Er warf den Amerikanern vor, sie wollten russische Gaslieferungen nach Europa verhindern und stattdessen ihr teureres Flüssiggas absetzen. Sollte Nord Stream scheitern, würde das letztlich bedeuten, dass Energie in Deutschland teurer werde, sagte Putin. Durch die beiden Leitungsstränge sollen künftig jedes Jahr zusätzlich 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas von Russland nach Deutschland gepumpt werden. Widerstände gegen das Projekt gibt es auch innerhalb der EU, insbesondere aus Polen und den baltischen Staaten.Ob er 2024 für eine fünfte Amtszeit kandidieren wird, ließ Putin offen: “Ich habe für mich die Entscheidung noch nicht getroffen, ob ich bei den Wahlen 2024 antreten werde oder nicht”. “Aber formal habe ich die Erlaubnis des Volkes”, erklärte der 68-Jährige. Anfang Juli hatte Russland seine Bürger über eine von Putin initiierte, umstrittene Verfassungsänderung abstimmen lassen. Sie stieß vor allem deshalb auf Kritik, weil sie Putins bisherige vier Amtszeiten auf null setzt. Er kann damit 2024 wieder zur Wahl antreten und dann 2030 noch einmal. Nach der alten Verfassung hätte er den Kreml 2024 verlassen müssen.Wegen der Corona-Pandemie ging Putins mehrstündige Fragerunde mit Vertretern internationaler und nationaler Medien erstmals nur im Videoformat über die Bühne, Putin wurde aus seiner Vorstadtresidenz in Nowo-Ogarjowo zugeschaltet.