Pandemischer Konsumrausch

Von Alexandra Baude, Frankfurt Börsen-Zeitung, 26.3.2020 "Die Welt geht unter, aber wir haben Klopapier, Seife, Mehl und Nudeln." Dies ist nicht nur frei nach Loriot zitiert, sondern entspricht auch dem Gefühl derer, die in den vergangenen Wochen...

Pandemischer Konsumrausch

Von Alexandra Baude, Frankfurt”Die Welt geht unter, aber wir haben Klopapier, Seife, Mehl und Nudeln.” Dies ist nicht nur frei nach Loriot zitiert, sondern entspricht auch dem Gefühl derer, die in den vergangenen Wochen mit offenen Augen und teils leeren Einkaufswagen durch deutsche Drogerie- und Supermärkte gelaufen sind.Nun hat sich das Statistische Bundesamt (Destatis) digital verfügbare Kassendaten genauer vorgenommen und angesichts scheinbar dauerleerer Regale die Dimensionen des Konsumsrausches nachgezeichnet. Die ersten Hamsterkäufe verzeichnen die Wiesbadener Statistiker in der letzten Februarwoche. In dieser setzte der Einzelhandel 150 % mehr Mehl, 206 % mehr Reis, 122 % mehr Seife und ganze 659 % mehr Desinfektionsmittel um als im Durchschnitt des Zeitraums August 2019 bis Januar 2020. Dass nur 56 % mehr Klopapier in der Woche zum 1. März (9. Kalenderwoche, KW) verkauft wurden, kann sich derzeit keiner mehr vorstellen. In den darauf folgenden Wochen kletterte die Nachfrage relativ zum Vergleichszeitraum um 99 % auf 131 % und schließlich 211 % in der KW 12. Mittlerweile hängen die Märkte voller Schilder und Zettel, auf denen wahlweise possierliche Hamster oder die Marktleitung bitten, nur noch haushaltsübliche Mengen – sprich eine Packung – in den Warenkorb zu legen.Apropos Warenkorb: Wer nun gedacht hat, dass aus Angst vor Ansteckung der Internethandel boomt, sieht sich durch eine Umfrage des Kölner Instituts für Handelsforschung (IFH) unter 1 000 Personen widerlegt. Laut “Corona Consumer Checks” haben nur 13 % der Befragten online statt stationär geshoppt. Und auch hier greifen erste Beschränkungen, jedoch eher aus Sorge vor Wucherpreisen – bei Ebay betrifft dies den Handel mit Atemschutzmasken und Desinfektionsmittel. Letzteres wurde im Übrigen in der ersten Märzwoche achtmal häufiger als üblich abgesetzt, in der KW 11 war es noch die dreifache Menge. Dass die Nachfrage in der KW 12 nur noch bei der Hälfte des Halbjahresschnitts lag, führen die Statistiker darauf zurück, dass “das Produkt vorübergehend praktisch ausverkauft war”. Vor lauter Hamsterkäufen scheint den Deutschen die Lust aufs Bier vergangen zu sein: Hier steht seit Ende Februar ein Minus zwischen 9 und 4 % je Woche.——Statistiken belegen: In der Coronakrise werden vor allem Seife und Toilettenpapier gehortet.——