IM GESPRÄCH: JENS GEIER

"Mehrere Versprechen schuldig geblieben"

Zwischenbilanz des SPD-Europachefs zu von der Leyen

"Mehrere Versprechen schuldig geblieben"

Von Andreas Heitker, BrüsselDer Vorsitzende der SPD-Abgeordneten im Europaparlament, Jens Geier, hat EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen vorgeworfen, sie sei in ihrer bisherigen Amtszeit bislang mehrere Versprechen schuldig geblieben. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung verwies Geier dabei insbesondere auf einen Vorschlag für eine europäische Arbeitslosenrückversicherung, einen europäischen Mindestlohn und verbindliche Regeln zur Gehältertransparenz. Beim Mindestlohn sei es allerdings richtig, dass dazu derzeit zuerst die Sozialpartner konsultiert würden, sagte der Abgeordnete. “Asylreform überfällig”Von der Leyen will sich am kommenden Mittwoch vor dem EU-Parlament zur “Lage der Union” äußern und dann auch neue politische Initiativen anstoßen. Geier verwies in dem Gespräch auf das drängende Problem in der Asylpolitik: Der neue Migrationspakt, den die Kommissionspräsidentin bereits für Anfang 2020 zugesagt habe, stehe immer noch aus, kritisierte er. “Die Brände in Moria haben abermals drastisch unterstrichen, dass eine EU-Asylreform seit Jahren überfällig ist.”Das Europäische Parlament habe schon vor Jahren gangbare europäische Vorschläge gemacht, betonte der Chef der SPD-Gruppe in Brüssel. Die Bremser seien hier allerdings vor allem die Staats- und Regierungschefs, “von denen viele wegen rechtspopulistischer, rassistischer oder ausländerfeindlicher Stimmungen im eigenen Land solidarische Lösungen hintertreiben”.Auf der Agenda der Sozialdemokraten steht zudem die geplante Konferenz zur Zukunft Europas sehr weit oben, die ursprünglich schon im Mai beginnen sollte. Von der Leyens Präsidentschaft sei “wie aus der Wundertüte der Staats- und Regierungschefs” gekommen, erinnert sich Geier. Die CDU-Politikerin habe sich den Bürgern Europas im Wahlkampf nicht vorstellen müssen.Und das Europäische Parlament habe zudem als einziges Parlament weltweit noch immer kein Initiativrecht, um selbst Gesetze vorzuschlagen. “Die Konferenz zur Zukunft Europas sollte Verbesserungsvorschläge dafür machen, konnte wegen der Pandemie aber nicht wie geplant starten”, so Geier. Jetzt müsse ein alternativer Zeitplan kommen. Zudem müsse noch einmal über die Inhalte gesprochen werden: Der bisherige Vorschlag der Kommission zum Umfang der Konferenz sei “enttäuschend” gewesen. Lob für den Green DealGrundsätzliches Lob gab es von Seiten der Sozialdemokraten dafür, dass die EU-Kommission zu Jahresbeginn den Green Deal angestoßen hat. Dies sei eine “Weichenstellung” gewesen, sagt auch Geier. Es komme allerdings darauf an, was für die konkrete Umsetzung getan wird. “Als nächste wichtige Wegmarke steht hier das EU-Klimagesetz an, bei dem es wichtig ist, dass die Ziele ehrgeizig genug sind, damit Europa den Pariser Vertrag einhält und bis 2050 klimaneutral werden kann”, betonte der Sozialdemokrat. “Dazu erwarten wir mit Spannung von der Leyens Rede zur Lage der Union kommenden Mittwoch.” Die Kommissionschefin will dann einen Vorschlag für das Klimaziel der EU 2030 unterbreiten.