G20-Staaten stemmen sich gegen die Krise

Finanzminister und Notenbankchefs wollen alle Instrumente nutzen - Schuldenmoratorium für 77 Länder

G20-Staaten stemmen sich gegen die Krise

ms Frankfurt – Im Kampf gegen die durch die Corona-Pandemie ausgelöste Jahrhundertrezession haben die weltweit führenden Wirtschaftsnationen ihre Bereitschaft untermauert, die schon jetzt beispiellosen Hilfsmaßnahmen für die Weltwirtschaft bei Bedarf auszuweiten. Nach einer Videokonferenz erneuerten die Finanzminister und Notenbankchefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) gestern diese Zusage. Als eine konkrete Maßnahme beschlossen sie Schuldenerleichterungen für die ärmsten Länder. Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sprach von einem historischen Akt.Das Versprechen der G20-Verantwortlichen kommt nur einen Tag, nachdem der Internationale Währungsfonds (IWF) wegen der Pandemie und der Eindämmungsmaßnahmen für 2020 die schwerste globale Rezession seit der Großen Depression in den 1930er Jahren vorausgesagt hatte. Für das laufende Jahr erwartet er ein Schrumpfen der Weltwirtschaft um 3,0 %. Weltweit stemmen sich Regierungen und Notenbanken mit beispiellosen Maßnahmen gegen die wirtschaftlichen Folgen. Zugleich gibt es viele Stimmen, die sagen, dass das noch nicht reicht.Laut IWF haben die Regierungen weltweit bereits Fiskalhilfen im Volumen von 8 Bill. Dollar mobilisiert. Die Notenbanken kaufen zugleich in nie dagewesener Weise Anleihen und stellen quasi unbegrenzt Liquidität bereit. “Unsere Bemühungen müssen fortgesetzt und verstärkt werden”, erklärten die G20-Finanzminister und -Notenbankchefs nun: “Wir verpflichten uns, alle verfügbaren politischen Instrumente zu nutzen, um die Weltwirtschaft zu unterstützen, das Vertrauen zu stärken, die finanzielle Stabilität zu erhalten und tiefe und anhaltende wirtschaftliche Auswirkungen zu verhindern.”IWF-Chefin Kristalina Georgiewa forderte die Verantwortlichen gestern erneut auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um noch größeren Schaden abzuwenden. “Tun Sie alles, was sie können” – so müsse jetzt das Motto lauten. Insbesondere rief sie dazu auf, dass sich die Regierungen dafür wappnen, “für eine fiskalische Stimulierung bereit zu sein”, sobald die Pandemie abebbe. Dann sei die Zeit, die gesamtwirtschaftliche Nachfrage zu stimulieren. Für 2021 sagt der Fonds ein Wachstum von 5,8 % voraus. Die Unsicherheit bezeichnet der IWF aber als groß.Mit Blick auf die Diskussionen in der Eurozone über die Antwort auf die Krise sagte Georgiewa, jetzt sei “ein Moment für europäische Solidarität”. Sie ging aber nicht ins Detail. Zuvor war der Chef der Europa-Abteilung des IWF, Poul Thomsen, Fragen ausgewichen, ob der IWF Forderungen nach Corona-Bonds unterstütze, also nach gemeinschaftlichen Anleihen der Euro-Staaten im Kampf gegen die wirtschaftlichen Schäden durch das Coronavirus. Vor allem Italien fordert solche Bonds, während Deutschland sie bislang ablehnt.Als eine konkrete Maßnahme gegen die Krise einigten sich die G20-Finanzminister und -Notenbankchefs gestern auf Schuldenerleichterungen für die ärmsten Länder der Welt. Finanzminister Scholz nannte dieses Schuldenmoratorium einen “Akt internationaler Solidarität von historischer Dimension”: “Um den 77 ärmsten Ländern bei der Bewältigung der Coronakrise zu helfen, stunden die G20-Mitglieder erstmals gemeinsam sowie viele weitere Gläubigerstaaten alle Zins- und Tilgungszahlungen in diesem Jahr.” Private Gläubiger wurden aufgefordert, sich dem Vorhaben anzuschließen. Konjunkturpaket für Afrika”Damit verschaffen wir den betroffenen Ländern größeren finanziellen Handlungsspielraum, um zum Beispiel in den Gesundheitsschutz ihrer Bevölkerungen zu investieren – sofort und ohne zeitraubende Einzelfallprüfung”, sagte Scholz. Nach früheren Angaben von Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire geht es um rund 20 Mrd. Dollar. Insbesondere afrikanische Staaten werden profitieren. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron forderten zudem in einem Gastbeitrag für die “Financial Times” ein Konjunkturpaket von 100 Mrd. Dollar für Afrika.