Wem der Negativzins nutzt

Eine Analyse der Credit Suisse gibt der Notenbank Schützenhilfe

Wem der Negativzins nutzt

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) steht wegen ihrer Geldpolitik unter Druck, unter anderem von der Schweizerischen Bankiervereinigung. Nun zeigt eine Analyse von Credit-Suisse-Chefökonom Oliver Adler auf, dass die ultralockere Geldpolitik in der Eidgenossenschaft auch viele Gewinner hat. dz Zürich – Das Negativzinsregime der Schweizerischen Nationalbank (SNB) entfalte fast keine Wirkung mehr, und es sei “strukturell problematisch”. Mit einer auf diese Kurzformel reduzierten Studie startete die Schweizerische Bankiervereinigung im Oktober einen öffentlich vorgetragenen Frontalangriff auf die Negativzinspolitik der SNB. Deren Chef Thomas Jordan hatte deren Beginn auf den Tag genau vor fünf Jahren verkündet – in der Erwartung, dass sie nur vorübergehend nötig sein würde.Inzwischen sehen sich die Vertreter des Noteninstituts immer öfter genötigt, ihre Politik zu rechtfertigen. Jetzt erhalten die Franken-Hüter Schützenhilfe von unverhoffter Seite. Im Urteil von Credit-Suisse-Chefökonom Oliver Adler ist die Politik der SNB nach wie vor “angemessen”. Während die Bankiervereinigung behauptet, der Franken sei nicht mehr überbewertet, kommen die Credit-Suisse-Ökonomen zum gegenteiligen Schluss.Nach ihren Berechnungen erhalten Konsumenten, die mit der Schweizer Valuta bezahlen, im Durchschnitt immer noch 10 % mehr als solche, die zu Euro oder Dollar greifen – weil der Franken eben überbewertet sei. Für viele Exportbranchen liege die Überbewertung sogar noch deutlich höher, und ein Ausstieg der Schweiz aus der Negativzinspolitik sei nicht möglich, solange die anderen Notenbanken ihre Leitzinsen nicht auch erhöhten, meint Adler im Einklang mit der Nationalbank.Die Credit-Suisse-Ökonomen machen auch eine ganz andere Rechnung als die Bankiervereinigung auf, wenn es darum geht, Nutzen und Kosten der Negativzinspolitik zu bewerten. Während der Branchenverband in seiner Analyse allein die Kosten dieser Politik für die Banken, die Kleinsparer und für das Vorsorgesystem ins Zentrum stellt und daraus die Notwendigkeit ableitet, dass die SNB sofort den Ausweg aus dem geldpolitischen Krisenmodus in Angriff nehmen sollte, zeigen die Credit-Suisse-Ökonomen auch auf, dass es im derzeitigen geldpolitischen Regime durchaus auch Gewinner gibt. Auch Mieter profitierenSo haben der Bund und die Kantone seit Beginn der Ultratiefzinspolitik im Jahr 2008 rund 23 Mrd. sfr an Schuldzinsen eingespart – zum Nutzen der Steuerzahler. Zwar werfen die Sparkonten keine Zinsen mehr ab. Diese Einbuße aber werde allein durch den Rückgang der Hypothekenzinsen aufgewogen, der die Hauseigentümer seit 2007 um über 10 Mrd. sfr entlastet habe.Weil in der Schweiz auch die Mieten an den Hypothekenzins gekoppelt sind, dürfen sich auch viele Mieter zu den Nutznießern der Negativzinspolitik zählen. Für die Pensionskassen ist das Negativzinsregime insofern eine Last, da die vom Vorsorgesystem gehaltenen Barmittel größtenteils mit dem geltenden Strafzins von -0,75 % belastet werden. Doch davon sind nur rund 5 % der Vorsorgegelder betroffen.Rund ein Drittel des Vorsorgekapitals ist in Aktien investiert, die primär dank der tiefen Zinsen stark im Wert gestiegen sind. Die tiefe Verzinsung von Bondanlagen habe die Rendite der Pensionskassen kaum geschmälert, zumal die Anleihen primär eine Absicherungsfunktion gegen fallende Aktienkurse hätten, heißt es. Selbst für den Bankensektor sei die Belastung des Negativzinsregimes nicht so eindeutig, wie dies die Schweizerische Bankiervereinigung unlängst dargestellt hatte.Die Analyse sei keine Reaktion auf die Studie des Branchenverbands, betonte Credit-Suisse-Ökonom Adler am Dienstag auf einer Pressekonferenz in Zürich. Sie sei aber sehr wohl ein Versuch, die heiß gelaufene Diskussion in der Schweiz zu entemotionalisieren.