Risiken tragen ohne Risiko

In deutschen Banken steht für die wichtigsten Mitarbeiter nur ein geringer Teil ihrer Vergütung im Feuer

Risiken tragen ohne Risiko

Der Idee nach soll die variable Vergütung Leistungsanreize schaffen und zugleich wichtige Mitarbeiter von Banken davon abhalten, unangemessene Risiken einzugehen. Tatsächlich jedoch fällt der Anteil der Vergütung, der für die sogenannten Risikoträger tatsächlich im Feuer steht, recht gering aus.Von Bernd Neubacher, FrankfurtDeutsche Banken haben zahlreiche Mitarbeiter gemäß Regulierung als Risikoträger identifiziert, da deren Tätigkeit das Risikoprofil des Instituts wesentlich beeinflusst. Für ihre Vergütung gelten daher besondere Vorgaben. Das Risiko, das diese Risikoträger verantworten, trägt indes vor allem der Arbeitgeber – die Vergütung dieser Banker dagegen unterliegt, entgegen der regulatorischen Stoßrichtung, nur zu einem recht geringen Anteil dem Risiko, sich etwa im Falle von Misperformance zu reduzieren oder zu verfallen. Das geht aus einer Analyse der Offenlegungsberichte deutscher Banken für das vergangene Jahr durch das Beratungshaus Compgovernance hervor.Laut der Studie hat dieser Anteil 2018 mit 36,4 % sowie 31,4 % bei der Volkswagen Bank sowie bei der Deutschen Bank am höchsten gelegen. Bei der Nord/LB, der NRW.Bank, der Sparkasse KölnBonn, der Deutschen Hypo sowie der Münchener Hypo hingegen betrug er null, bei der Commerzbank gerade einmal 1,7 % (siehe Grafik).Auf regulatorische Erleichterungen für kleinere Institute führt Compgovernance dabei zurück, dass deutsche Banken im Jahr 2017 nur 71 % der Einkommensmillionäre unter ihren Beschäftigten als Risikoträger einstuften – EU-weit lag dieser Anteil bei 87 %. Die Zahl der in Deutschland arbeitenden Einkommensmillionäre hat sich im vorvergangenen Jahr um 54 % erhöht, “trotz durchwachsener Unternehmens-Performance und reduzierten Bonuspools”, wie Compgovernance anmerkt. Europaweit ging der Trend in dieselbe Richtung, wenn auch etwas gemäßigter. In der EU stieg die Zahl der sogenannten High Earner 2017 um rund 6 %, seit 2010 um 40 %. Offenlegungsberichte ergänzt Die Offenlegungsberichte zur Vergütung sollen die Transparenz der Institute erhöhen. “Die Offenlegung von Vergütungsangaben ist eine der zentralen Stoßrichtungen bei der Regulierung der Vergütungssysteme von Banken”, so Compgovernance-Inhaber Werner Klein. Zuletzt sind die Berichte regulatorisch aufgewertet worden, mittlerweile berücksichtigen sie auch Vergütungselemente wie kollektiv-rechtlich geregelte Vergütungen oder Konzern-Boni sowie Leistungen der betrieblichen Altersversorgung. Da das Zinstief den Faktor zur Abzinsung entsprechender Rückstellungen drückt, steigen die in den Berichten ausgewiesenen Vergütungen tendenziell.Das Fazit von Compgovernance zu den Publikationen der Banken fällt kritisch aus: “Einzelne Institute tun sich erkennbar schwer mit der Umsetzung des seit 2018 geltenden neuen Offenlegungsstandards”, sagt Klein. Die Umsetzung erfolge zum Teil recht stiefmütterlich.Vor wenigen Tagen hatte das Beispiel der von PwC testierten Hamburg Commercial Bank (HCOB) aufhorchen lassen, die ihren Offenlegungsbericht für 2018 erst wenige Tage vor Weihnachten publizierte. Am gestrigen Freitag dann erklärte ein Sprecher der von KPMG geprüften Nord/LB auf Anfrage, die Landesbank habe eine falsche erste Fassung des Offenlegungsberichts, welche für einen ihrer Mitarbeiter eine Vergütung von 2 Mill. bis 2,5 Mill. Euro ausgewiesen habe, auf der Website inzwischen durch eine korrekte Fassung ersetzt.Tatsächlich gab es den Angaben zufolge 2018 keinen Einkommensmillionär im Institut, das in diesen Tagen mit 3,6 Mrd. Euro der Länder Niedersachsen und Sachsen-Anhalt sowie der Sparkassen-Finanzgruppe rekapitalisiert worden ist. “Auftretende Mängel im Hinblick auf den Zeitpunkt und die Inhalte der Veröffentlichung werden von in- und externen Prüfern offensichtlich kaum sanktioniert”, rügt Klein.