Riester-Garantie gerät unter Beschuss

Ökonomen fordern mehr Freiraum für Kapitalanlage

Riester-Garantie gerät unter Beschuss

jsc Frankfurt – Die Kritik an starren Beitragsgarantien in der staatlich geförderten privaten Altersvorsorge wird lauter: Um in der Riester-Rente Freiraum für eine aktienorientierte Anlage zu schaffen, sollte die Mindestauszahlung am Ende der Vertragslaufzeit nur für die Eigenbeiträge, nicht aber für die staatlichen Zulagen garantiert werden, wie das Frankfurter Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung (Sustainable Architecture for Finance in Europe, Safe) am Montag vorgeschlagen hat.Während in einem Umfeld höherer Zinsen eine Garantie mit einer chancenorientierten Anlage vereinbar sei, fehle bei Nullzinsen jedweder Spielraum, warnen die Wirtschaftsprofessoren Andreas Hackethal und Raimond Maurer. Flössen hingegen nur die Eigenbeiträge in Zinstitel, die Zulagen aber in Aktien, seien über eine Laufzeit von 30 Jahren hinweg deutlich höhere Renditen realistisch. In einem Rechenbeispiel fiele das Vermögen am Ende der Laufzeit bei einer mittleren Kursentwicklung ungefähr um 23 bis 63 % höher aus als mit vollständiger Garantie, wie die Forscher anhand von zwei Modellfällen ermittelt haben. Weil Beiträge und Förderhöhe je nach Einkommen oder Kinderzahl variieren, reicht der Risikopuffer, der für eine aktienorientierte Anlage zur Verfügung stünde, nach Berechnung des Instituts von 9 % für kinderlose Gutverdiener bis 95 % für Geringverdiener mit drei Kindern.Auf Wunsch des Anlegers sollte auch ein vollständiger Verzicht auf eine Garantie möglich sein, erklärt Co-Autor Maurer auf Nachfrage. Mit dem Bericht habe sich das Institut noch nicht an Politik oder Finanzwirtschaft gewandt, doch stehe man für einen Austausch bereit. Das Bundesfinanzministerium äußerte sich auf Nachfrage nicht näher zu den Vorschlägen. Die Meinungsbildung zu einer Weiterentwicklung der Riester-Rente sei noch nicht abgeschlossen. Der deutsche Fondsverband BVI begrüßt den Vorstoß: “Grundsätzlich ist das ein positiver Vorschlag, der unsere Forderungen bei Riester unterstützt.” In den vergangenen Jahren hatten Fondsanbieter zuweilen abrupt Mittel in Anleihen umschichten müssen, um die Garantie nach einem Kursrutsch an den Börsen einhalten zu können. “Sehr teuer erkauft”Auch andere Wirtschaftsforscher haben bereits die starre Beitragsgarantie kritisiert: So sollten nach Vorschlag der Wirtschaftsprofessoren Andreas Knabe und Joachim Weimann die Anleger die Wahl haben, ob sie eine Garantie in Anspruch nehmen, wie sie für das Münchener Ifo-Institut festgehalten haben. Die Forscher befürworten zudem ein Modell einer Deutschlandrente, also eines Standardprodukts, das Anleger zunächst automatisch einbindet, sofern sie nicht widersprechen. Das Munich Center for the Economics of Aging hat in einem Beitrag für den Sachverständigenrat 2016 festgehalten, dass die Garantie wegen der Niedrigzinspolitik der EZB “sehr teuer erkauft” werden müsse. Die Verbände der Bausparanbieter, Versicherer und Fondsgesellschaften hatten vor einem Jahr unter anderem eine Lockerung der Riester-Beitragsgarantie gefordert.Die Zahl der Riester-Verträge lag laut Bundesarbeitsministerium zur Jahresmitte bei 16,4 Millionen und stagniert seit Jahren. Mit 10,7 Millionen entfallen die meisten Verträge auf Versicherungen, während Fondssparpläne mit 3,3 Millionen die zweitwichtigste Kategorie bilden.