Neuer Chef und alte Probleme in Eurogruppe

Donohoe setzt Bankenunion ganz oben auf Agenda

Neuer Chef und alte Probleme in Eurogruppe

Von Andreas Heitker, BerlinPaschal Donohoe hatte gute Laune. Erstmals nach mehr als einem halben Jahr und unzähligen Videokonferenzen trafen sich die Euro-Finanzminister am Freitag wieder persönlich – und dies bei seinem ersten Auftritt als neuer Präsident der Eurogruppe. Vor der Presse sprach der 45 Jahre alte Ire dann viel von “gemeinsamem Handeln” und von “Konsens” als Basis für die künftige Arbeit der Eurogruppe . Dabei ist auch Donohoe klar: Ganz so einfach wird dies nicht werden – zumindest bei dem Thema, das er sehr weit oben auf seiner Agenda platziert hat: die Vertiefung der Bankenunion.”Wir wollen hier im weiteren Jahresverlauf weitere Fortschritte machen”, sagt Donohoe. Im Blick hat er dabei zunächst aber weniger die umstrittene europäische Einlagensicherung, sondern die Reform des Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM), die seit Ende letzten Jahres nach der italienischen Blockade auf Eis liegt – obwohl sie im Grundsatz politisch eigentlich schon längst beschlossen und ausgehandelt war. Die Zeit drängtZum ESM-Paket gehört aber auch der Backstop für den Europäischen Bankenabwicklungsfonds SRF, den der Euro-Rettungsfonds übernehmen soll. Diese Letztsicherung soll spätestens Anfang 2024, wenn der SRF nach jüngsten Prognosen mit knapp 70 Mrd. Euro gefüllt ist, installiert sein. Unter den Euro-Finanzministern herrscht aber weitgehend Einigkeit, dass ein frühzeitiger Start des Backstop schon Anfang 2022 dem ganzen Bankensystem noch mehr Stabilität geben würde. Soll dies gelingen, müsste die ESM-Reform aber bis Jahresende endgültig in trockenen Tüchern sein. Denn der aufwendige Ratifizierungsprozess in den 19 Euro-Staaten dauert wohl auch noch einmal ein Jahr.Die Zeit drängt also. Der im Juli ausgeschiedene Donohoe-Vorgänger Mario Centeno hatte nach dem großen Scheitern des Bankenunion- und insbesondere des ESM-Prozesses im Dezember 2019 keine großen Ambitionen mehr gezeigt. Donohoe versucht jetzt einen Neustart, auch wenn die Coronakrise nichts an der tiefsitzenden ESM-Skepsis innerhalb der Regierungskoalition Italiens und in Teilen der dortigen Bevölkerung geändert hat. Der neue Eurogruppen-Chef kennt die Sensibilitäten und vermeidet daher Ansagen wie die von Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire, der verkündete, im November solle die ESM-Reform endgültig unterzeichnet werden.Ein Verzicht auf eine vorzeitige Backstop-Einführung ist für Donohoe keine Lösung, da er sie nicht nur als Stabilisierung des Bankensektors in einer wichtigen Erholungsphase für die Eurowirtschaft sieht, sondern auch als politisches Signal auch an die Märkte, dass die Euro-Länder zu Verständigungen in der Lage sind. Unterstützung erhält er von Christine Lagarde. Gerade die Coronakrise habe doch gezeigt, wie wichtig die Bankenunion sei, betonte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) am Freitag. Und eine Einigung zum ESM erst 2021? Dann könnte der Backstop frühestens ein Jahr vor seinem ohnehin geplanten Start eingeführt werden. Dies würde den hohen Ratifizierungsaufwand kaum rechtfertigen. Eine andere Möglichkeit wäre, den Backstop aus dem ganzen ESM-Paket herauszulösen. Doch dies käme irgendwie einer Niederlage gleich, die Donohoe auf jeden Fall vermeiden will.