Volks- und Raiffeisenbanken

Lange Gesichter in Ingelfingen

Die Vertreterversammlung der Raiffeisenbank Hohenloher Land hat die geplante Fusion mit der VR Bank Heilbronn Schwäbisch Hall spektakulär platzen lassen. Nun ist guter Rat teuer.

Lange Gesichter in Ingelfingen

Von Bernd Neubacher, Frankfurt

Andreas Siebert, Vorstandschef der Raiffeisenbank Hohenloher Land, hat sicher nicht den leichtesten Stand, nachdem die Vertreterversammlung des Instituts zur Wochenmitte die vom ihm geplante Fusion mit der VR Bank Heilbronn Schwäbisch Hall mit 62%, also fast einer Zweidrittelmehrheit der abgegebenen Stimmen abgeschmettert hat, anstatt sie wie erwünscht mit Dreiviertelmehrheit durchzuwinken. Ist das noch eine Ohrfeige oder schon ein Tritt in die Magengrube? Womöglich stellt die überraschende Abfuhr nur eine Retourkutsche für vor der Abstimmung geäußerte Einschätzungen dar, die dem Votum der Genossen schon einigermaßen vorwegzugreifen schienen. „Im Moment erhalten wir sehr viel positives Feedback“, hatte Siebert Mitte April der Regionalzeitung „Heilbronner Stimme“ zuvor aus fünf Vertreterforen Ende März berichtet: „Wir haben in keiner Versammlung gehört: Das ist nicht gut, was Ihr da macht.“ Womöglich aber waren auch nur die Vertreterforen falsch besetzt. Nun muss die 1,2 Mrd. Euro Bilanzsumme auf sich vereinigende Raiffeisenbank, deren Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit sich 2020 im Lichte eines wegbröckelnden Zins- und Provisionsüberschusses auf 3 Mill. Euro fast halbierte, sich darüber klar werden, wie es weitergehen soll.

Scheitern in Serie

Der Baden-Württembergische Ge­nossenschaftsverband (BWGV) als zuständiger Prüfungsverband will sich dazu nicht äußern. Einzelne Fusionen kommentiere man nicht, hieß es in Karlsruhe am Freitag. Es komme immer wieder einmal vor, dass solche Vorhaben nicht zustande kommen.

Von der Hand zu weisen ist das nicht. Der Newsletter „Finanz-Szene“ zählte vor dem Wochenende mit den vorübergehend geplanten Verschmelzungen der genossenschaftlichen Institute in Villingen-Schwenningen und Rhein-Wehra, in Böblingen und Leonberg-Strohgäu sowie in Neckartal und Heidelberg gleich drei weitere gescheiterte Fusionen mit einem aggregierten Bilanzvolumen von 30 Mrd. Euro auf – ein einzelnes Institut dieser Größe hätte es nicht mehr mit BaFin und Bundesbank, sondern eher schon mit der europäischen Bankenaufsicht zu tun. Teils waren die jeweiligen Pläne über Gespräche auf Vorstandsebene nicht viel weiter hinausgekommen. Dass die Vertreterversammlung, wenn schon alles angerichtet ist, auf diese Art für einen Abend der langen Gesichter bei Vorstand und Aufsichtsrat sorgt wie in nun in Ingelfingen, ist in der Tat speziell.

Ebenso wie Siebert dürfte auch Eberhard Spies, Chef der VR Bank Heilbronn Schwäbisch Hall, schon einmal mehr Oberwasser gehabt haben. Denn sein Plan, wenige Monate nach der Fusion mit der Volksbank Heilbronn gleich den nächsten Zusammenschluss anzugehen, ist gerade schnurstracks vor die Wand gefahren. Möglicherweise hat Spies Vorbehalte bei den Genossen der Raiffeisenbank Hohenloher Land mit Blick auf die in die Verschmelzung einzubringende Volksbank Heilbronn nicht ausräumen können. Dem Institut musste die Sicherungseinrichtung des genossenschaftlichen Bundesverbandes BVR vor gut einem Jahr mit einem 74 Mill. Euro schweren Rettungspaket zur Seite springen, nachdem es einige Jahre zu früh auf steigende Zinsen gewettet hatte.

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