Kukies stellt starre Riester-Garantie in Frage

Finanzstaatssekretär bekräftigt Ruf nach Reform

Kukies stellt starre Riester-Garantie in Frage

jsc Frankfurt – Das Bundesfinanzministerium signalisiert Gesprächsbereitschaft in der Debatte über die Zukunft der staatlich geförderten Riester-Rente, was die Lockerung der Bruttobeitragsgarantie angeht. “Natürlich ist uns völlig klar, dass wir im aktuellen Umfeld auch über Garantieniveaus sprechen müssen”, erklärte Staatssekretär Jörg Kukies am Donnerstag auf der Online-Konferenz European Tax & Legal Forum. Die Struktur mit einer Absicherung von 100 % führe dazu, dass ein bestimmtes Produktangebot gar nicht mehr unterbreitet werden könne. Der SPD-Politiker und ehemalige Co-Deutschlandchef von Goldman Sachs verwies auf den Berliner Koalitionsvertrag, der eine “zügige Entwicklung eines attraktiven standardisierten Riester-Produkts” vorgibt.Eine Reform soll nach den Worten des Staatssekretärs aber nicht allein die Garantie umfassen, sondern etwa auch das Zulagensystem vereinfachen sowie die Kosten der Produkte adressieren. Ein Datum für eine Einigung könne er nicht nennen, da noch verschiedene Positionen berücksichtigt werden müssten. Kukies zeigte sich zuversichtlich, dass eine Reform vor der Bundestagswahl im September 2021 gelingen könnte. “Es steht im Koalitionsvertrag, also tun wir alles, um das umzusetzen.”Mit seinen Äußerungen zur Garantie eckt Kukies womöglich beim ebenfalls SPD-geführten Bundesarbeitsministerium an. Denn laut Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) hat dort Staatssekretär Rolf Schmachtenberg deutlich gemacht, dass er eine Aufweichung der Garantie als schwer vermittelbar einstufe. Auf Nachfrage äußerte sich das Ministerium gestern dazu nicht mehr. Eine Lockerung der Beitragsgarantien fordern nicht nur die Verbände der Versicherer, Fondshäuser und Bausparkassen, sondern auch einige Ökonomen. Am Dienstag hatte das Leibniz-Institut für Finanzmarktforschung (Safe) vorgeschlagen, eine Garantie künftig nur noch für die Eigenbeiträge der Versicherten, nicht aber für die staatlichen Zulagen zu gewähren. Auf diese Weise bliebe Spielraum für eine aktienorientierte Kapitalanlage. New York statt FrankfurtDen Finanzplatz Deutschland sieht Kukies als Börsenstandort hintenan: Weil ein “Ökosystem” für Börsengänge in Frankfurt weniger ausgereift sei als in den USA, strebten Firmen zuweilen lieber jenseits des Atlantiks an die Börse, sagte er mit Blick auf die Tübinger Biotechfirma Curevac, die an der Entwicklung eines Corona-Impfstoffs beteiligt ist und seit August an der New Yorker Börse Nasdaq notiert ist. So sei der Pool spezialisierter Analysten und Investoren, die ein Unternehmen vor einem Börsengang bewerteten, in Deutschland erheblich kleiner als in den USA. Die Finanzinfrastruktur befinde sich im Rückstand. “Wir hoffen, dass wir aufholen.”