KommentarTarifabschluss unter Dach und Fach

Verdi sitzt bei der Deutschen Bank am längeren Hebel

Das Postbank-Debakel dürfte nicht nur für den Mutterkonzern ein teures Nachspiel haben. Die Gewerkschaft nutzt die Gelegenheit, um die gesamte Branche bei den Tarifverhandlungen vor sich her zu treiben.

Verdi sitzt bei der Deutschen Bank am längeren Hebel

Deutsche Bank

Verdi sitzt am längeren Hebel

Von Anna Sleegers

Das Postbank-Debakel dürfte nicht nur für den Mutterkonzern ein teures Nachspiel haben. Die Gewerkschaft nutzt die Gelegenheit, um die gesamte Branche bei den Tarifverhandlungen vor sich her zu treiben.

In der fünften Postbank-Verhandlungsrunde hat die Deutsche Bank schließlich klein beigegeben. Die rund 12.000 Beschäftigten, die unter den Haustarifvertrag fallen, können sich über einen ordentlichen Gehaltsaufschlag freuen. Bei einer Laufzeit von 26 Monaten erhalten sie in zwei Schritten unter dem Strich 6,5% mehr. Zudem dürfte der Abschluss die Furcht vor dem Arbeitsplatzverlust lindern. Denn außer dem Ausschluss betriebsbedingter Kündigungen bis Ende 2027 sieht die Vereinbarung bis zum selben Termin auch Standortgarantien für insgesamt 320 Filialen vor. Immerhin 20 Filialen sind damit vorläufig vor dem Aus gerettet. Ursprünglich hatte die Deutsche Bank nur 300 der rund 500 Postbank-Filialen erhalten wollen.

Spätestens seit dem ungewöhnlich scharfen Rüffel von der Bankenaufsichtsbehörde BaFin über die Zustände bei der Postbank war klar, dass der Deutschen Bank keine einfache Tarifrunde bevorstand. Denn dank des hohen gewerkschaftlichen Organisationsgrads war es für Verdi ein Leichtes, das Institut da zu bestreiken, wo es ihm momentan wirklich wehtut: im Kundenservice der Postbank. Daher überrascht es auch nicht, dass die Deutsche Bank diesen Abschluss bereits in der Finanzplanung berücksichtigt hat und nach eigenen Angaben nicht an den Kostenzielen für dieses und das kommende Jahr schrauben muss.

Ob das auch für die Deutsche Bank selbst und die anderen privaten Institute gilt, für die der Arbeitgeberverband (AGV) Banken bald Tarifverhandlungen führen muss, steht auf einem anderen Blatt. Denn auch wenn man es beim AGV nicht hören mag, setzt der Haustarifabschluss bei der Postbank Maßstäbe für die gesamte Branche. Verdi hat sich bereits mit einer deutlich zweistelligen Forderung von 12,5% auf 12 Monate in Stellung gebracht, der DBV fordert gar ein Lohnplus von 16,5%. Mit einem Ergebnis, das hinter dem der Postbank zurückbleibt, dürften sie sich kaum zufriedengeben. Das Druckpotenzial insbesondere auf die Commerzbank ist ähnlich hoch wie bei der Postbank. Denn die harte Restrukturierung hat den Organisationsgrad gerade in den mit früheren Filialmitarbeitern besetzten Beratungszentren in die Höhe getrieben. Vor diesem Hintergrund dürfte es vorteilhaft sein, dass AGV-Präsident Thomas E. Lange ein Vertreter eines kleineren Instituts ist, der die Arbeitgeberseite in den Verhandlungen vertritt.

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