NOTIERT IN FRANKFURT

Das Jahr des Murmeltiers

Das Jahr 2020 biegt langsam auf die Schlussgerade ein - und an den Kiosken tauchen die ersten Rückblicke auf den Titelseiten auf. Politisch und wirtschaftlich wird es als ein ereignisreiches Jahr in die Geschichte eingehen, das vielerlei verändert...

Das Jahr des Murmeltiers

Das Jahr 2020 biegt langsam auf die Schlussgerade ein – und an den Kiosken tauchen die ersten Rückblicke auf den Titelseiten auf. Politisch und wirtschaftlich wird es als ein ereignisreiches Jahr in die Geschichte eingehen, das vielerlei verändert hat. Aber persönlich werden es die Meisten als ein eher langweiliges Jahr erinnern, in dem es keine Parties, keine Konzerte und keine Kneipenabende gab und sie immer und immer wieder den gleichen Tagesablauf erlebt haben. Auch wenn 2020 nach dem chinesischen Kalender das Jahr der Ratte ist, dürfte es im persönlichen Erleben von vielen das Jahr des Murmeltiers sein, das täglich grüßt.Bemerkenswerterweise hatte die Weltgesundheitsorganisation 2020 bereits zum “Jahr der Krankenschwestern” erklärt, als die Corona-Pandemie noch gar nicht absehbar war. Diese Würdigung der Pflegekräfte, die dann ja tatsächlich eine besondere Bedeutung gewannen, hat freilich nichts damit zu tun, dass die WHO außergewöhnliche seherische Fähigkeiten gehabt hat. Es liegt vielmehr daran, dass sich am 12. Mai dieses Jahres der Geburtstag von Florence Nightingale, der wohl berühmtesten Reformerin des Sanitätswesens, zum 200.ten Mal gejährt hat. Und das war – anders als Corona – natürlich absehbar.Andere Jahreswidmungen sind durch die Pandemie noch stärker in den Hintergrund gerückt. So ist 2020 von den Vereinten Nationen zum “Internationalen Jahr der Pflanzengesundheit” erklärt worden, was in Corona-Zeiten wohl kaum jemand mitbekommen hat. Naja, in sechs Wochen gibt es eine neue Chance, die Aufmerksamkeit auf die Pflanzenwelt zu lenken, dann startet das “Internationale Jahr für Obst und Gemüse”.Corona war zudem verantwortlich dafür, dass 2020 die Feierlichkeiten im Rahmen des Hölderlin-Jahres, des Hegel-Jahres und des Beethoven-Jahres in kleinem Rahmen blieben – alle drei wären 250 Jahre alt geworden. Aber vielleicht geht ja noch was, wenn im Dezember die Beschränkungen gelockert werden sollten. Der Ehrentag von Ludwig van Beethoven ist ja erst kurz vor Weihnachten.Was ist 2021 zu erwarten? Die Vereinten Nationen haben das “Internationale Jahr des Friedens und des Vertrauens” ausgerufen. Das ist – in Pandemie-Zeiten und im Angesicht enormer wirtschaftlicher Unsicherheiten – leider nicht viel mehr als ein Hoffnungswert.Übersetzt für den Banken- und Finanzplatz Frankfurt gehen die Erwartungen an das neue Jahr wahrscheinlich vielerorts in eine ähnliche Richtung. Die meisten dürften sicherlich schon zufrieden sein, wenn 2021 einigermaßen schiedlich friedlich verläuft und weder die Wirtschaft noch die Banken in eine neue Krise stürzen. Die Stimmung in vielen Häusern erinnert an eine Einschätzung des früheren BaFin-Präsidenten Jochen Sanio vor einigen Jahren in der Adventszeit: “Das Jahr war doch gar nicht so schlecht. Zumindest im Vergleich mit dem nächsten.”Immerhin, einen Anlass zur Hoffnung gibt es: 2021 ist im chinesischen Kalender nämlich das “Jahr des Büffels”. Na, wenn das kein gutes Omen für Wirtschaft und Märkte ist.