NOTIERT IN FRANKFURT

Die Sprache der Wolkenkratzer

Staunt, ihr kleinen Menschen! Zwei Türme wie Diamanten, am Kopf der Taunusanlage gelegen: Hier residiert die Deutsche Bank, ein traditionsreicher Konzern von Weltrang. Oder schaut auf den Komplex der Commerzbank, den höchsten Büroturm Frankfurts,...

Die Sprache der Wolkenkratzer

Staunt, ihr kleinen Menschen! Zwei Türme wie Diamanten, am Kopf der Taunusanlage gelegen: Hier residiert die Deutsche Bank, ein traditionsreicher Konzern von Weltrang. Oder schaut auf den Komplex der Commerzbank, den höchsten Büroturm Frankfurts, einen Palast mit Themengärten weit oberhalb der Stadt, gelb erleuchtet in der Nacht. Das muss wahrlich eine großartige Universalbank sein! Ehrfurcht gebieten die Prachtbauten der EZB am Hafen, verschanzt hinter Gittern, ein massiger Turm, unerreichbar für das Volk. Hier sitzen die Lenker der Geldwirtschaft.Frankfurts Türme verkörpern einen Machtanspruch. Die Stadt fantasiert über prunkvolle Neubauten für Theater und Oper, ein künftiger, von außen begrünter Luxuswohnturm am Eingang des Europaviertels wählt als “Eden Tower” einen biblischen Bezug, Porsche Design verewigt sich mit einem Turm im Europaviertel. Mögen Deutsche Bank und Commerzbank auch längst an Einfluss verloren haben, ihre Prachtbauten überdauern die Blütezeit. Manchmal sind Hochhäuser gar der Zeit voraus: Die Architektur der EZB-Zentrale nahm die wachsende Machtfülle der Institution symbolisch vorweg.Auch die Sparkassen unterstreichen ihre Bedeutung: Die DekaBank gab zwar vor wenigen Tagen den Auszug aus dem wuchtigen Trianon-Hochhaus bekannt, weite Teile der Verwaltung verlegt sie an den Stadtrand in einen Neubau nach Niederrad. Ziel ist es, weniger Fläche zu nutzen und die Kosten zu senken. Als Abstieg will das Sparkassenhaus diesen Schritt jedoch nicht verstanden wissen: Im höchsten Turm des neuen Gebäude-Quartetts “Four” wird sie zehn Etagen beziehen. Das Sparkassen-S soll auch künftig zur Skyline gehören, erklärt Bankchef Georg Stocker. Ohnehin hat die Finanzgruppe der Sparkassen einen Sinn für Symbolik, denn die Deka rückt in die Nähe der Helaba, die im Main Tower zu Hause ist. Deutet sie damit eine Fusion an oder lediglich eine “vertiefte Zusammenarbeit”? Das liegt im Auge des Betrachters.Eine schwindende Bedeutung von Banken und der Trend zum Homeoffice können der Lust auf Höhenmeter wenig anhaben: 34 Hochhäuser befinden sich derzeit im Bau, wie das Portal “Skyline Atlas” ausweist – und es wären vielleicht noch mehr, hätte die Stadt bereits ihren Hochhausrahmenplan veröffentlicht, der im kommenden Jahr erwartet wird. Die Bauten sind teuer: Aufzugs- und Rettungsschächte verschlingen Fläche, wegen einer vorgeschriebenen Nähe der Arbeitsplätze zu Fenstern sind deutsche Hochhäuser meist schlank. 47 Euro je Quadratmeter beträgt die Miete für eine Frankfurter Büroimmobilie in der Spitze, berichtet BNP Paribas.Als Zeichen wirtschaftlicher Stärke also sind die Bauten gefragt. Michael Wutzke, Chefredakteur des “Skyline Atlas”, hebt die Funktion der Repräsentanz hervor: Einige Etagen im Hochhaus in der Innenstadt machen mehr Eindruck als ein Zweckbau am Stadtrand. Zog es früher vor allem Banken in die Hochhäuser, sind dort mittlerweile auch viele Kanzleien zu finden: Freshfields im Park Tower, Clifford Chance im Frankfurter Büro-Center an der Mainzer Landstraße, Allen & Overy im Opernturm und Norton Rose Fulbright im Taunusturm, neben vielen anderen. Auch die Finanzaufseher beanspruchen buchstäblich Raum.Als Symbole sind Hochhäuser zugleich politisch umstritten. Neue Luxuswohntürme, sei es der “Grand Tower” am Einkaufszentrum Skyline Plaza oder der “One Forty West” im Senckenberg-Quartier, können als Symbole von Gentrifizierung und sozialer Ungleichheit gedeutet werden. Der Schutz von Stadtvierteln, sei es das Westend, das Bahnhofsviertel oder Sachsenhausen, schränkt den Bau erheblich ein, so dass sich Hochhäuser entlang der Taunusanlage, Mainzer Landstraße, Neuen Mainzer Straße und Friedrich-Ebert-Anlage am Rande der Messe drängen. Die Europa-Allee kommt mit neuen Objekten hinzu, weitere Flächen könnten im Ostend entstehen. Die Kommunalwahl 2021 wird auch für Turmplaner spannend.