LEITARTIKEL

Die transparente DZ Bank

Deutschlands Kreditgenossen können ein Streitthema zu den Akten legen, das sie seit nahezu zwei Jahrzehnten, im Grunde seit der Entstehung der DZ Bank im Jahr 2001, beschäftigt und teilweise entzweit hat: Muss über dem Spitzeninstitut der Volks- und...

Die transparente DZ Bank

Deutschlands Kreditgenossen können ein Streitthema zu den Akten legen, das sie seit nahezu zwei Jahrzehnten, im Grunde seit der Entstehung der DZ Bank im Jahr 2001, beschäftigt und teilweise entzweit hat: Muss über dem Spitzeninstitut der Volks- und Raiffeisenbanken eine neue Strategie- und Steuerungsholding installiert und die operative Bank, die bisher zugleich als Konzernmutter der Allfinanzgruppe fungiert, in eine Schwester von Verbundunternehmen wie Union Investment, R+V Versicherung oder Bausparkasse Schwäbisch Hall verwandelt werden? Die Forderung war seit jeher eine Conditio sine qua non insbesondere des WGZ-Lagers für ein Zusammengehen “mit Frankfurt” und wurde, als beide Banken 2015 im x-ten Versuch tatsächlich ihre Fusion vereinbarten, dem Vorstand ins Pflichtenheft geschrieben.Dabei ging es nicht zuletzt um den – eingedenk der Vorgeschichte aus der Zeit des zur Gigantomanie neigenden Vorgängerinstituts DG Bank nachvollziehbaren – Wunsch nach einer Entmachtung der größeren Zentralbank. Es stand auch der polemische Vorwurf im Raum, die DZ Bank lebe nur von den Beteiligungserträgen ihrer ertragsstarken Töchter, sei selbst aber ein Kostgänger der Finanzgruppe, was durch die Kombination von Geschäftsbank und Holding kaschiert werde. Dass die Funktionen einer Holding auch Kosten verursachen und Beteiligungen refinanziert werden müssen, wurde gerne unterschlagen. Es gab aber auch redlichere Argumente für eine echte Aufspaltung. So trifft es wohl zu, dass Interessenkonflikte einer Gesellschaft, die als Holding fungiert und ihrerseits operativ tätig ist, zumindest nicht ausgeschlossen werden können. Solche gegebenenfalls aufzudecken und dagegen vorzugehen wäre freilich Aufgabe der hier zahlreich vorhandenen Kontrollinstanzen.Selbst der jeder einschlägigen Ideologie unverdächtige, diesbezüglich also nicht vorbelastete Co-Chef Cornelius Riese findet genug Gründe, in einer gesellschaftsrechtlichen Aufspaltung der Bank das lehrbuchgerechte und überlegene Modell zu sehen. So weit die Theorie. Er und sein Partner Uwe Fröhlich sowie das ganze Vorstandsteam sind indes Pragmatiker und Realisten genug, sich dennoch für eine “nur” virtuelle Trennung beider Einheiten entschieden zu haben. Die Argumente dafür sind schlagend. Die Idee, eine in ihrer heutigen Gestalt vor wenigen Jahren entstandene Bank, die gerade die letzten Synergien der Fusion gehoben hat, auf andere Weise wieder zerschlagen zu wollen, erscheint wegen der evidenten gesellschafts-, aufsichts- und arbeitsrechtlichen sowie steuerlichen Konsequenzen und der zu allem Überfluss drohenden Folgen für Kapitalausstattung und Ratings nach den Maßstäben der wirtschaftlichen Logik an Absurdität kaum zu überbieten. Man leidet ja nicht unter einem Defizit an Komplexität. Derweil würden der auf 300 Mill. Euro geschätzte Einmalaufwand und die laufenden Kosten einer solchen Aktion jeden Transparenzgewinn ausradieren. Und die Bank wäre auf den Führungsebenen jahrelang vor allem mit sich statt mit den Kunden beschäftigt. Abschreckende Beispiele einer solchen Selbstlähmung gibt es mehr als genug.Nun wurden also, erstmals mit dem Abschluss 2019, ohne juristische Fisimatenten und damit verbundene Erschwernisse separate, nicht durch Beteiligungserträge verzerrte Zahlen zum einen für das Profitcenter Verbund- und Geschäftsbank und zum anderen für das Costcenter Holding vorgelegt. Und siehe da: Auch so werden Erfolgsbeiträge beziehungsweise die aus den klassischen Aufgaben einer Holding resultierenden Aufwendungen für die Stakeholder, die Wirtschaftsprüfer und für das geneigte Publikum sicht- und nachvollziehbar. Wobei eine Rendite der Verbund- und Geschäftsbank von 6 % heute als absolut reputabel gelten darf. Aussagekräftige Vergleiche mit anderen Adressen sind hier kaum möglich. Die mit einer Bilanzsumme von 559 Mrd. Euro zweitgrößte deutsche Bankengruppe, die im vergangenen Jahr mit ihrem Vorsteuerergebnis von 2,7 Mrd. Euro den Titel des Ertragschampions der Branche zurückerobert haben dürfte, ist jedenfalls in ihrer Struktur wahrhaft einzigartig und kann nicht an einer Landesbank oder privaten Geschäftsbank gemessen werden.——Von Bernd WittkowskiDie Argumente für eine “nur” virtuelle, aber eben nicht gesellschaftsrechtliche Trennung von operativem Geschäft und Holdingaufgaben sind schlagend.——