Fernwärme-Kauf von Vattenfall

Berliner Energie-Rekommunalisierungen, nächster Akt

In Berlin ist die nächste Rekommunalisierung in trockenen Tüchern: Nach den Wasser- und Stromnetze-Deals ist jetzt auch der 1,4 Mrd. Euro teure Rückkauf der Fernwärme vollzogen. Und es gibt schon Appetit auf mehr.

Berliner Energie-Rekommunalisierungen, nächster Akt

Berliner Energie-Rekommunalisierungen, nächster Akt

Nach den Wasser- und Stromnetze-Deals ist jetzt auch der 1,4 Mrd. Euro teure Rückkauf der Fernwärme vollzogen.

Von Andreas Heitker, Berlin

Emotionen und Superlative gab es nicht wenige im Berliner Heizkraftwerk Mitte, in dem am Freitag mit einem Festakt ein weiterer Privatisierungsschritt in der Hauptstadt endgültig rückgängig gemacht wurde. „Die Wärme ist zurück in der Familie der Berliner Landesunternehmen“, sagt Kai Wegner, der Regierende Bürgermeister von der CDU. Und seine Amtsvorgängerin und heutige Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) betont: „Das ist die wichtigste energiepolitische Weichenstellung dieses Jahrzehnts.“

Die Berliner Wasserbetriebe sind seit rund zehn Jahren wieder komplett in öffentlicher Hand. Vor drei Jahren kaufte das Land die Stromnetze für kolportierte gut 2 Mrd. Euro von Vattenfall zurück. Und jetzt ist es der größte Fernwärmeversorger, der einst wegen klammer Kassen veräußert und nun erneut von Vattenfall losgeeist wurde. 1,39 Mrd. Euro lässt sich das Land Berlin diese Transaktion kosten. 975 Mill. Euro kommen aus Haushaltsmitteln. Die restlichen 30% werden über ein Darlehen der Investitionsbank Berlin (IBB) finanziert.

Preis fürs Wärmegeschäft deutlich nach unten verhandelt

Im Mai 2022 hatte Vattenfall eine strategische Überprüfung ihres Wärmegeschäfts angekündigt. Es folgte ein internationales Bieterverfahren. Im Dezember 2023 konnte das Land Berlin schließlich einen Kaufvertrag unterzeichnen. Die Preisvorstellungen lagen anfangs angeblich doppelt so hoch wie beim nun erfolgten Closing. Finanzsenator Stefan Evers spricht von einem guten Preis und verweist auf den hohen Investitionsbedarf bei der bisherigen Vattenfall Wärme Berlin, die künftig unter BEW Berliner Energie und Wärme firmieren soll.

Als das Unternehmen 1997 vom Land Berlin an private Investoren verscherbelt wurde, hieß es noch BEWAG. Es besitzt heute das mit rund 2.000 Kilometern längste Fernwärmenetz in Westeuropa, das 60.000 Haushalte sowie 500 Industrie- und Gewerbebetriebe versorgt. Das Heizkraftwerk Mitte, direkt an der Spree gelegen, erzeugt zudem Strom für 600.000 Haushalte. Der Wärmesektor verursacht laut Wegner rund die Hälfte der CO₂-Emissionen in der Hauptstadt. Der Rückkauf der BEW ist daher der Schlüssel, mit dem die Dekarbonisierung gelingen soll. Bis 2030 ist ein Abschied von der Steinkohleverstromung geplant. Der Gasanteil soll bis dahin von 75% auf 50% sinken, wie der BEW-Vorstandsvorsitzende ankündigt, der sinnigerweise auf den Namen Christian Feuerherd hört.

Als Nächstes kommen Gasag-Verhandlungen

Giffey hält dies für ein „gutes Omen“ und sagt: Alle wesentlichen Güter der Daseinsvorsorge gehörten in eine, nämlich die öffentliche Hand. Ihr CDU-Senatskollege aus dem Finanzressort hält es ebenfalls nicht grundsätzlich für schlecht, wenn der Staat als Unternehmer tätig wird, und will von den gängigen Klischees nichts wissen. In Berlin arbeiteten die öffentlichen Unternehmen heute hochprofessionell, betont Evers. Man habe aus Fehlern gelernt.

Abgeschlossen ist die Rekommunalisierung ohnehin noch nicht: Als Nächstes steht ein 31,6-Prozent-Paket am Gasversorger Gasag im Visier des Senats. Verkäufer ist erneut Vattenfall. Zusammen mit den anderen Aktionären Eon und Engie will der Senat Synergien durch die Verknüpfung von Gas und Fernwärme heben.

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