IM GESPRÄCH: DARYUSH ARABNIA

"2020 wird eines unserer besten Jahre"

Der CEO des Dürr-Wettbewerbers Geico Taikisha über moderne Autolackierungsanlagen und mehr Tempo

"2020 wird eines unserer besten Jahre"

Die japanisch-italienische Allianz Geico Taikisha erwirtschaftet etwas mehr als ein Drittel ihrer Erlöse mit Lackieranlagen und ist dabei wesentlicher Konkurrent des deutschen Maschinen- und Anlagenbauers Dürr. Trotz der Krise in der Automobilbranche rechnet der neue CEO Daryush Arabnia mit guten Geschäftschancen dank Modernisierungsbedarf in den Paint Shops.Von Sebastian Schmid, FrankfurtDie Autoindustrie ist von der Coronakrise und der technologischen Veränderung mit Blick auf Digitalisierung, E-Mobilität und autonomes Fahren derzeit an verschiedenen Stellen unter Druck. Für Anlagenbauer wie Dürr oder den italo-japanischen Wettbewerber Geico Taikisha ist das kein leichtes Umfeld, um beispielsweise neue Lackieranlagen zu verkaufen. Für Letztere läuft das Geschäft laut CEO Daryush Arabnia trotz Pandemie und schwierigen Umfelds für Autobauer gut. “Rein wirtschaftlich gesehen dürfte 2020 eines unserer besten Jahre überhaupt werden. Der Umsatz in Europa soll dieses Jahr 140 Mill. Euro erreichen.” In der Gruppe, die auch grüne Technologien abseits der Autoindustrie entwickelt und vertreibt, werden jährlich im Durchschnitt rund 2 Mrd. Euro erlöst (siehe Grafik). Aussichten getrübtDennoch sind die Aussichten aus Sicht des erst seit diesem Jahr amtierenden CEO eingetrübt. “Ich denke, wir haben in der Automobilindustrie noch einige schwere Jahre vor uns, und das hat nicht nur mit der Coronakrise zu tun. Die Wahrheit ist, dass die Krise der Branche bereits vor der Coronakrise begonnen hat.” Investiert hat Geico Taikisha dennoch. Um mit dem größeren deutschen Rivalen Dürr besser in dessen Heimatmarkt konkurrieren zu können, hat das Unternehmen mit JPM, PSP und SAC zwei deutsche und ein kroatisches Unternehmen zugekauft – einerseits, um technologisch nachzurüsten, andererseits, um eine stärkere Präsenz bei den Kunden vor Ort zu haben. Der Konzernchef lobt vor allem die breite Aufstellung im deutschen Automarkt.Der US-Markt sei auch groß, aber sehr regional geprägt. Deutsche Hersteller investieren praktisch auf der ganzen Welt. Unter anderem zählt Geico Taikisha hierzulande den Stuttgarter Autobauer Daimler zu ihren Abnehmern. “Wir mussten lernen, die deutsche Mentalität und die geschäftlichen Umgangsformen zu verstehen, was für einen Italiener gar nicht so leicht ist, um ehrlich zu sein”, erklärt Arabnia schmunzelnd. “Daher brauchten wir ein starkes deutsches Team im deutschen Markt.” Geholfen habe da indirekt auch die Insolvenz des Wettbewerbers Eisenmann im vergangenen Jahr. Die unlängst übernommene Process Solution Partner GmbH (PSP) sei vor einigen Jahren von Ex-Eisenmann-Mitarbeitern gegründet worden, als diese bereits in Problemen steckte.”Ich bin überzeugt, dass in der Produktion gerade ein Paradigmenwechsel stattfindet”, erklärt Arabnia. Für viele Jahrzehnte sei die lineare Fertigungslinie, wie Ford sie eingeführt habe, der Standard in der Endmontage gewesen. “Ich bin der Auffassung – und damit stehe ich nicht alleine da, dass ein modulares Modell, mit dem flexibler auf die Marktnachfrage reagiert werden kann, die Zukunft ist.” Die Basis dafür bildeten allerdings nicht nur die physischen Produktionsanlagen, sondern auch die Software, die sozusagen das Gehirn für die intelligente Werkssteuerung darstellt. Das verschiebe auch den Fokus für die Anlagenbauer. “In der Vergangenheit lagen vielleicht 90 % des Fokus auf den mechanischen Anlagen und 10 % auf Elektronik und Software. Heute ist es zwar vielleicht noch nicht 50:50, aber da kommen wir womöglich hin mit Blick auf Themen wie digitaler Zwilling, künstliche Intelligenz usw.” Die Akquisitionen von PSP und SAC habe Geico Taikisha geholfen, das Technologieportfolio auszuweiten. “Wir haben damit die Themen Beförderungsfahrzeuge, elektrische Steuerungen und Software, die wir traditionell oft zugekauft haben, im eigenen Haus.”Geico Taikisha rechnet dabei nicht mit großen Neuaufträgen, sondern setzt vor allem auf Modernisierungen bestehender Lackieranlagen. “Wir erwarten nicht, dass es sehr viele Greenfield-Investitionen geben wird”, erzählt Arabnia. Aber Kunden müssten ihre Werke an neue Bedürfnisse anpassen. “Elektrifizierte Fahrzeuge benötigen andere Prozesse.”Auch die Automatisierung werde in den kommenden Jahren wachsen. “In den vergangenen drei Jahren haben wir uns in Forschung & Entwicklung stärker auf Lösungen für die Modernisierung bestehender Paint Shops konzentriert”, sagt Arabnia. So habe Geico etwa ein Produkt entwickelt, das Fehler in der Lackierung automatisch erkenne und kategorisiere. “Heute geschieht das überwiegend noch manuell, indem Menschen die Lackierung in Augenschein nehmen. Das ist weder gesund noch besonders effizient. Die Augen ermüden, die Menschen lassen schon nach wenigen Minuten in ihrer Konzentration nach, und am Ende übersehen sie viele der Fehler. Was Menschen dagegen gut können, ist, die gefundenen Fehler zu analysieren. Unser Produkt hilft ihnen dabei, die Fehler zu finden, die sie dann analysieren können.” Umbau an zweiter StelleAuch wenn der CEO des italo-japanischen Maschinen- und Anlagenbauers an gute Chancen für sein Unternehmen glaubt, ist er sich bewusst, dass im technologischen Wandel die ersten Investitionen der Hersteller in die Produktentwicklung gehen, ehe in den Umbau der Werke investiert werde. Allerdings müsse dies schon aus Gründen der Effizienzsteigerung dennoch getan werden. “Traditionell gab es in der Autoindustrie Entwicklungszeiten von gut sechs Jahren bis zum Marktstart eines neuen Modells. Die Zeit haben die Unternehmen aber nicht mehr”, stellt er fest. Viele Hersteller versuchten daher die Zeit auf zwei Jahre zu verkürzen. “Eine Lackieranlage soll in zehn Monaten stehen. Früher haben wir allein dafür mindestens 18 Monate gebraucht”, erzählt Arabnia. “Und ich bin überzeugt, wir müssen noch schneller werden. Wenn wir heute gebeten werden, das in zehn Monaten zu schaffen, wird man uns morgen vielleicht bitten, in sieben Monaten zu liefern. Das ist eine riesige Chance für uns.”