Bundeshaushalt bleibt tiefrot

Scholz plant 2021 rund 96 Mrd. Euro Nettokreditaufnahme - Schuldenbremse soll 2022 wieder ziehen

Bundeshaushalt bleibt tiefrot

Der Bundeshaushalt wird 2021 tiefrot bleiben. Bundesfinanzminister Olaf Scholz plant für das nächste Jahr 96 Mrd. Euro an neuen Schulden. Von 2022 an soll die Schuldenbremse wieder eingehalten werden. Die hohe Rücklage im Etat soll erst 2022 nach der Bundestagswahl aufgelöst werden. wf Berlin – Die Zeit ausgeglichener Bundeshaushalte ist auf absehbare Zeit vorbei. Nach der Vorlage für das Kabinett an diesem Mittwoch plant Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) im nächsten Jahr eine Nettokreditaufnahme von 96,2 Mrd. Euro bei Gesamtausgaben von 413,4 Mrd. Euro. Der Entwurf liegt der Börsen-Zeitung vor. Die Coronahilfen des Bundes hatten die Ausgaben in diesem Jahr auf 508,5 Mrd. Euro hochgetrieben – deutlich mehr als 2019, als der Bund 356,7 Mrd. Euro bei einem ausgeglichenen Etat ausgab.Diese Finanzplanung lässt sich nur verwirklichen, wenn der Bundestag die Schuldenbremse auch im nächsten Jahr noch einmal aussetzt. Die zulässige Kreditaufnahme wird um 86,1 Mrd. Euro überschritten. Die Zuversicht, dass der Bundestag zustimmt, ist in der Bundesregierung groß – erlaubt dies doch, unbeschadet von Ausgabenkürzungen oder Steuererhöhungen durch das Wahljahr 2021 zu kommen.Die erneute Aussetzung der Schuldenbremse verlangt einen weiteren Tilgungsplan bis 2042. Dieser wird den Handlungsspielraum künftiger Regierungen beschränken. Der feste Vorsatz aber ist: 2022 soll die Schuldenbremse wieder eingehalten werden. Dies geht aus der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes bis 2024 hervor. Obwohl die Ausgaben wieder spürbar sinken und von 2022 an der Bund schrittweise Gelder aus der Flüchtlingsrücklage von 48,2 Mrd. Euro zur Finanzierung heranzieht, bleibt der Etat in den nächsten vier Jahren defizitär. 2022 sieht die Finanzplanung bei Ausgaben von 387,0 Mrd. Euro eine Nettokreditaufnahme von 10,5 Mrd. Euro, 2023 bei ähnlicher Ausgabenhöhe von 6,7 Mrd. Euro und 2024 bei etwas höheren Ausgaben von 5,2 Mrd. Euro vor. Noch offene PostenDer Finanzbedarf liegt aber tatsächlich viel höher. Die Nettokreditaufnahme im Finanzplan reflektiert nur die durch die Schuldenbremse erlaubte Höhe. Danach ist das Defizit auf 0,35 % des Bruttoinlandsprodukts (BIP) limitiert und wird um konjunkturelle Komponenten bereinigt, damit in guten Zeiten wieder gespart wird. So kommt es, dass Scholz laut Finanzplan von 2022 bis 2024 nicht nur 28,0, 13,3 und 6,9 Mrd. Euro aus der Flüchtlingsrücklage entnimmt, sondern auch noch so genannten “Handlungsbedarf” in den drei Jahren von 9,9, 16,4 und 16,2 Mrd. Euro ausweist – also Geld, das bislang schlicht fehlt.Keinesfalls sparen will der Bund bei Investitionen. Mit geplanten 55,2 Mrd. Euro liegt der Betrag deutlich über dem Niveau von 2019 und den Vorjahren von rund 38 Mrd. Euro. Projekte wie die Förderung der künstlichen Intelligenz und der Quantentechnologie, der Wasserstoffstrategie oder der Digitalisierung werden fortgeführt. Von 2022 an sollen die Investitionen bei 48,0 Mrd. Euro verstetigt werden, auch wenn sie damit nicht an das aktuelle Corona-Ausnahmeinvestitionsjahr mit geplanten 71,3 Mrd. Euro heranreichen. Größter Posten unter den Investitionen sind 2021 die Ausgaben im Verkehrssektor, die auch in den Folgejahren auf dem Niveau von rund 18 Mrd. Euro bleiben.Das Bundeskabinett entscheidet in diesem Jahr deutlich später als üblich über den Etat des nächsten Jahres. Wegen des Ausbruchs der Coronakrise im Frühjahr war die Entscheidung in den Herbst vertagt worden, in der Hoffnung, einen besseren Überblick über die weitere Entwicklung zu haben. Der Bundestag berät den Entwurf Ende September und somit vier Wochen später als sonst. Die Steuerausfälle bleiben hoch durch die Wirtschaftskrise. Ebenso heftig sind die Kassen der Sozialversicherer betroffen. Die schwarz-rote Koalition hatte sich darauf verständigt, die Beitragshöhe bei 40 % des Lohns zu deckeln. Größter Ausgabeposten ist die Rentenversicherung mit 106,1 Mrd. Euro im nächsten Jahr. Bis 2024 steigen die Ausgaben auf 119,4 Mrd. Euro. Die Bundesagentur für Arbeit soll schuldenfrei in das Jahr 2022 starten. Sollte sie ihre Darlehen nicht an den Bund zurückzahlen können, werden sie Ende 2021 erlassen.