IM GESPRÄCH: CHRISTOPH PETRI, RINGMETALL

Krise "sehr gut gemeistert"

Der Co-CEO des Verpackungsspezialisten über Marktanteile, kurze Transportwege und starken Cash-flow

Krise "sehr gut gemeistert"

Ringmetall schlägt sich in der Krise wacker. Der Zulieferer der Verpackungsindustrie (Fass-Spannringe, Innenverkleidungen) steht zur Ende Januar veröffentlichten Prognose, die für 2020 einen Umsatz- und Ergebniszuwachs voraussagt. Das stark über Akquisitionen wachsende Unternehmen ist ein Nischenanbieter mit Weltmarktanteilen von bis zu 70 %. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung erläutert Vorstandssprecher Christoph Petri, warum er den potenziellen Markteintritt von Rivalen gelassen sieht und wieso Kundennähe so wichtig ist.Von Martin Dunzendorfer, FrankfurtRingmetall, ein Zulieferer der Verpackungsindustrie, hat die Herausforderungen der Covid-19-Pandemie nach Ansicht von Vorstandssprecher Christoph Petri bislang “sehr gut gemeistert”. Im Gespräch mit der Börsen-Zeitung räumt der Co-CEO ein, “dass auch für uns das zweite Quartal keine leichte Zeit war”, doch zeige sich in dieser Krise, “dass unsere Geschäftsentwicklung inzwischen weitaus weniger zyklisch verläuft als noch in früheren Jahren und wir überaus Cash-flow-stark sind”.Das in München ansässige Unternehmen ist in zwei Geschäftsbereiche aufgeteilt, wobei Industrial Packaging sich in das große Segment Fass-Spannringe (“Drum Closures”; Anteil am Konzernumsatz rund 70 %) und das deutlich kleinere Segment “Inliners” (circa 20 % Erlösanteil) aufteilt. Im letztgenannten Segment werden Innenverkleidungen für Industriefässer und andere Gebinde produziert; hier gibt es laut Petri mehr als 5 000 Varianten.Im Bereich Industrial Handling, dessen Erlösanteil in der Gruppe unter 10 % liegt und den die Tochter HMS darstellt, werden u.a. Rückhaltesysteme und Kupplungsstabilisatoren für Flurförderzeuge, etwa Gabelstapler von Kion und Jungheinrich, sowie landwirtschaftliche Nutzfahrzeuge wie Traktoren gefertigt.Während die Nachfrage nach Produkten im ersten Semester von Industrien belastet worden sei, die z.B. eng mit dem Autosektor korrelieren, sei die Nachfrage seitens der Endkunden aus der Konsumgüter- und der pharmazeutischen Industrie gestiegen. Überdies habe das Geschäft mit der Lebensmittelindus-trie als Abnehmer von Innenverkleidungen deutlich zugenommen.Fass-Spannringe werden für die Verschlüsse von Kunststoff- oder Stahlfässern benötigt; oft geht es dabei um Gefahrengut. Bei diesem Spezialprodukt, das Ringmetall in mehr als 2 500 Varianten produziere, ist das Unternehmen nach eigenen Angaben Weltmarktführer mit einem Anteil von rund 70 %; in Europa und den USA liege man bei 80 %. Die Wettbewerber seien klein und hätten nur regionale Bedeutung, sagt Petri.Um Bedenken der Wettbewerbsbehörden macht sich Petri keine Sorgen: “Wir sind noch weit unter den Umsatzschwellen, wo das relevant würde.” Außerdem komme es auf die Definition des Marktes an: Im Markt für Spannringe habe Ringmetall eine beherrschende Stellung, nicht aber im Markt der Verschlusssysteme für Fässer allgemein. Hinzu komme, dass die Firma keine Patente auf ihre Fassringe hat. “Die könnte jeder produzieren, wenn man wollte.” Hohe MarkteintrittsbarrierenDie Gefahr, dass z.B. ein großer Konzern aus der Verpackungsindus-trie zum Konkurrenten wird, schätzt Petri als sehr gering ein. Dafür nennt er mehrere Gründe. Eine Markteintrittsbarriere sei, dass der Maschinenpark von Ringmetall, mit dem die Fass-Spannringe produziert werden, mit Ausnahme weniger Komponenten Ergebnis eigener Entwicklungen und auch selbst gefertigt sei. Außerdem sei die Produktion von Indus-triefässern für Gefahrguttransporte durch die Vereinten Nationen hoch reguliert. Jede kleine Änderung in der Fertigung mache eine aufwendige Neuzulassung des gesamten Fasses notwendig, die die Hersteller wenn möglich vermeiden wollen.Die Kundentreue bei Fass-Spannringen sei daher sehr hoch, sagt Petri. Das liege auch am Verhältnis von Kosten zu Risiken. Ein Ring koste im Schnitt 1 Dollar. Dies stehe in scharfem Kontrast zu den immensen Kosten, die durch schad- oder fehlerhafte Ringe entstehen können. Wer daher von den Fassproduzenten mit der Qualität der Ringe von Ringmetall gute Erfahrungen gemacht habe, wechsle erstens nicht den Anbieter und denke zweitens auch nicht über eine Eigenproduktion nach.Trotz der hohen Marktanteile sind der Preissetzungsmacht von Ringmetall Grenzen gesetzt, da es laut Petri auf der Abnehmerseite ein Cluster gibt: “Mit den zwei größten Kunden im Bereich Spannringe – dem gelisteten US-Konzern Greif und dem ehemals deutschen, jetzt amerikanischen Unternehmen Mauser Packaging – machen wir zusammen etwa 50 Mill. Euro Umsatz.” Es gebe eine wechselseitige Abhängigkeit. “Wir sind gut beraten, wenn wir unsere Kunden nicht allzu sehr verärgern.”2019 setzte Ringmetall 120,6 (i.V. 110,6) Mill. Euro um. Dieses Jahr sollen die Erlöse – nicht zuletzt dank der Konsolidierung übernommener Firmen – auf 125 bis 135 Mill. Euro wachsen; das entspräche einem Plus zwischen 3,6 % und 12 %. Gemäß den Planungen sollen 74 % der Erlöse aus dem Geschäft mit Drum Closures kommen, 17 % aus dem mit Inliners und die übrigen 9 % aus dem Indus-trial Handling. Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda), das im Vorjahr bei 10 (10,4) Mill. Euro landete, soll 2020 zwischen 11 und 13 Mill. Euro liegen. Auf Kurs zur JahresprognoseIm ersten Halbjahr kletterte der Umsatz im Bereich Industrial Packaging um 2,6 % auf 57,1 Mill. Euro; das Ebitda stieg um 13 % auf 7,2 Mill. Euro. Dagegen sanken die Erlöse im Industrial Handling um 12,3 % auf 5,4 Mill. Euro; das Ebitda fiel auf 0,2 (0,8) Mill. Euro. Die Prognose, die am 28. Januar veröffentlicht wurde – also Wochen bevor die Pandemie und ihre Folgen Deutschland bzw. Europa erfassten -, beinhalte nicht potenzielle Effekte, die die Covid-19-Pandemie auf die Ergebnisse habe. Allerdings betont Petri, dass Ringmetall dennoch auf dem besten Wege sei, die avisierten Ziele zu erreichen.Das Unternehmen ist über die Jahre stark durch Übernahmen gewachsen; so habe man nationale Marktführer in der Spannringherstellung gekauft, etwa in der Türkei, in Italien und in den USA. Laut Petri stammen mehr als 85 % der Erlöse aus Akquisitionen, die nach 2012 getätigt wurden. Dabei handelte es sich schon aufgrund der überschaubaren Größe von Ringmetall – der Börsenwert liegt bei 73 Mill. Euro – nicht um Käufe im Multi-Millionenbereich. Trotz der Coronakrise glaubt Petri, dass man “in den nächsten neun bis zwölf Monaten” wieder einen kleinen Zukauf tätigen werde. Doch “gerade Familienunternehmer haben keine Lust, ihr Lebenswerk auf Basis der 2020er-Zahlen zu verkaufen”, räumt er ein. “Wir hingegen sind nicht bereit, auf Basis der 2019er Zahlen zu kaufen.” Die rege Akquisitionspolitik hat Folgen für die Bilanz, da dadurch und aufgrund von IFRS 16 hohe Abschreibungen anfallen. So standen 2019 unter dem Strich lediglich 3,0 (5,2) Mill. Euro. Verschuldungsgrad von 1,5Gerade in der Krise sind Unternehmensfinanzierung und Verschuldungskennziffern wichtig: “Wir sind sehr solide und konservativ finanziert”, sagt Petri. Ende 2019 betrug die Eigenkapitalquote 50 %. Für 2020 werde ein positiver operativer Cash-flow von 10 Mill. Euro und ein freier Cash-flow von 8 Mill. erwartet. Dies werde dazu beitragen, dass die Nettoverschuldung, die zum 30. Juni bei 16,7 Mill. Euro lag, bis zum Jahresende um etwa 2 Mill. zurückgeführt werden kann. Gehe man vom unteren Ende der Ebitda-Guidance für dieses Jahr aus, komme man auf ein Multiple von operativem Ergebnis zu Net Debt von etwa 1,5. Ringmetall nennt 15 Standorte in sieben Ländern auf drei Kontinenten ihr Eigen. Schwerpunkt ist Europa mit neun Werken; es folgt Nordamerika mit vier Fabriken. Die globale Präsenz habe zwei Gründe: Zum einen sei der Transport von Fass-Spannringen über größere Strecken wegen der entstehenden Logistikkosten höchst ineffizient. “In einen Lkw oder einen Seecontainer kriegen Sie einen Warenwert von etwa 13 000 Euro. Wollen Sie kosteneffizient sein, können Sie die Spannringe daher nicht über lange Strecken transportieren.” Zum anderen erwarten die Kunden laut dem Ringmetall-Chef, dass eine Bestellung innerhalb von fünf bis zehn Werktagen beim Abnehmer ankommt. Ein Transportweg beispielsweise über den Atlantik scheide damit von vornherein aus.Mehrheitsaktionäre von Ringmetall sind die beiden CEOs Petri und Konstantin Winterstein; sie halten zusammen 58,6 % der im General Standard geführten Aktien – wobei die Aufteilung nicht stark voneinander abweiche. Knapp 7 % gehören den Angaben zufolge zwei Vermögensverwaltern. Der Rest von knapp 35 % befinde sich im Streubesitz.