Erhöhung des Anteils schon geplant

Milliardär Kretinsky steigt bei Thyssenkrupp ins Stahlgeschäft ein

Thyssenkrupp schmiedet eine Stahlpartnerschaft mit dem tschechischen Milliardär Daniel Kretinsky. Er beteiligt sich an der Stahlsparte und soll den Ökostrom für den grünen Umbau liefern. Eine Erhöhung des Anteils ist geplant.

Milliardär Kretinsky steigt bei Thyssenkrupp ins Stahlgeschäft ein

Milliardär Kretinsky steigt bei Thyssenkrupp Stahl ein

IG-Metall-Vizechef empört – Kaufpreis für 20-Prozent-Anteil unbekannt

cru Frankfurt

Mitten im grünen Umbau der Stahlsparte holt Thyssenkrupp einen ungewöhnlichen neuen Miteigentümer an Bord. Die EP Corporate Group (EPCG), die tschechische Holding der strategischen Beteiligungen des tschechischen Finanzinvestors und Milliardärs Daniel Kretinsky, erwirbt 20% der Anteile am Stahlgeschäft von Thyssenkrupp. Die Baader Bank schätzt den Preis, der nicht genannt wurde, auf rund 400 Mill. Euro. Das Closing soll bis Geschäftsjahresende am 30. September erfolgen, vorbehaltlich der Zustimmung des Aufsichtsrates, teilte Thyssenkrupp am Freitag mit. Darüber hinaus sprechen die Parteien über den Erwerb weiterer 30% der Anteile am Stahlgeschäft durch EPCG. Ob dies geschieht, hängt von Fortschritten beim geplanten Umbau ab. Ziel sei die Bildung eines gleichberechtigten 50/50-Joint-Ventures. Die Krupp-Stiftung als größte Anteilseignerin von Thyssenkrupp begrüßte die Beteiligung, „die zur zukunftsfähigen Entwicklung“ beitrage.

Pensionsverpflichtungen bleiben Teil der Stahlsparte

Laut Thyssenkrupp-Chef Miguel López, der von der IG Metall scharf für den Schritt kritisiert wird, bleiben die milliardenschweren Pensionsverpflichtungen Teil der Stahlsparte, wie er in einer Telefonkonferenz sagte. Sie müssten aus dem laufenden Geschäft finanziert werden. IG-Metall-Vizechef Jürgen Kerner, der auch Vize im Aufsichtsrat von Thyssenkrupp ist, ärgerte sich, der Deal sei „überraschend“: „Die Mitbestimmung hat nur wenige Stunden vor der Öffentlichkeit von der Entscheidung erfahren. Das ist kein guter Stil und kein guter Start.“

Ziel der Beteiligung von Kretinsky ist laut López „ein Zukunftskonzept, das zu wirtschaftlicher Selbständigkeit und unternehmerischem Erfolg von Thyssenkrupp Steel führt" und „betriebsbedingte Kündigungen vermeidet“. Laut Kretinsky ist die Beteiligung ein erster Schritt: „Gemeinsam werden wir einen wichtigen Beitrag bei der Dekarbonisierung der Stahlindustrie leisten.“ EPCG unter Vorstand Jiří Nováček soll dafür den Grünstrom aus dem für 2030 geplanten Kapazitätsbestand von 8 Gigawatt Wind, Solar und Biomasse sowie Wasserstoff liefern: Denn Thyssenkrupp investiert in Duisburg gerade 3 Mrd. Euro in den Bau der ersten wasserstofffähigen Direktreduktionsanlage. Dabei kommen 2 Mrd. Euro vom Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen.

Aktie legt zu

Der Kurs der Thyssenkrupp-Aktie reagierte auf den Deal am Freitag zeitweise mit einem Plus von 10% auf 4,93 Euro. Der Börsenwert des Konzerns hat sich aber auch so noch seit Anfang 2022 halbiert auf 3 Mrd. Euro.

Kretinsky, dessen Vermögen auf rund 10 Mrd. Dollar geschätzt wird, ist allein über EPCG an Firmen mit 100 Mrd. Euro Umsatz beteiligt. Inklusive anderer Holdings tummelt er sich in den Branchen Energie, Handel und Medien. Die Holding EPH hatte 2016 die Lausitzer Braunkohlesparte von Vattenfall einschließlich Kraftwerken und Tagebauen übernommen. 2018 erwarb die Holding EP Global Commerce (EPGC), an der Kretinsky 53% hält, rund 40% am Handelskonzern Metro. Kretinsky besitzt Anteile an den französischen Handelskonzernen Casino (10%) und Fnac Darty (25%) sowie an den britischen Sainsbury-Supermärkten, und er greift nach der Royal Mail. In Tschechien und Frankreich hält er Medienbeteiligungen, darunter Le Monde.

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