Deutsche Bank macht bei Nachhaltigkeit Boden gut

Institut gibt sich quantifizierbare Ziele und legt bis Monatsende Richtlinie zu Öl- und Gasfinanzierungen vor - Konkurrenten haben das Thema früher besetzt

Deutsche Bank macht bei Nachhaltigkeit Boden gut

Die Deutsche Bank will mit Blick auf den Megatrend Nachhaltigkeit und vor allem auf die internationale Konkurrenz Boden gutmachen. In jüngster Zeit häufen sich die entsprechenden Initiativen. Nach Emission eines ersten grünen Bonds soll noch im Juli eine Richtlinie zu Öl- und Gasfinanzierungen folgen. Von Bernd Neubacher, FrankfurtIm Zeitraffertempo versucht die Deutsche Bank derzeit, bei der Begrünung ihres Geschäftsmodells Boden auf ihre Wettbewerber gutzumachen. Hatte sich Finanzvorstand James von Moltke bald nach Amtsantritt 2017 von einem Experten auf einer Podiumsdiskussion sagen lassen müssen, eine Anlage in die Deutsche Bank sei unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten eigentlich nicht zu empfehlen, so setzt das Haus inzwischen reichlich Hebel in Bewegung, um mit Blick auf die Anforderungen und Geschäftschancen des Nachhaltigkeitstrends aufzuholen.Die Nachrichten zu nachhaltigen Initiativen häufen sich. Anfang Juni hat die Bank ihren ersten grünen Bond emittiert (siehe Textkasten). Erst wenige Tage zuvor hatte sie sich erstmals konkrete Ziele gesetzt – so soll der Umfang an Finanzierungen im Feld Environmental, Social, Governance (ESG) sowie der Bestand an entsprechend verwaltetem Vermögen bis Ende 2025 auf insgesamt mehr als 200 Mrd. Euro steigen. Großbanken in Großbritannien, den USA, Frankreich und der Schweiz haben schon vor Jahren solche Ziele formuliert. Was das Volumen und die Zeitspanne angeht, zeigten allerdings nicht alle so viel Ehrgeiz wie die Banker in den Frankfurter Doppeltürmen. So zielen etwa Morgan Stanley und Goldman Sachs zwar auf Volumina von 250 Mrd. bzw. 750 Mrd. Dollar ab, setzen sich dafür allerdings eine Frist bis 2030. Zielmarke 2025″Mit unserem Plan, bis 2025 auf mindestens 200 Mrd. Euro an nachhaltigen Finanzierungen und Anlagen zu kommen, stehen wir im Wettbewerb mittlerweile sehr gut da, sowohl was die Ambitionen angeht als auch die Transparenz der Zahlen”, meint Jörg Eigendorf, Konzernsprecher und stellvertretender Leiter des Ende 2017 gegründeten konzernweiten Nachhaltigkeitsausschusses, dessen Leitung Vorstandschef Christian Sewing übernommen hat.Der Manager hat erkannt, dass die Bank mit Blick auf Regulierung und Aufsicht ohnehin nicht darum herumkommt, Nachhaltigkeitskriterien in ihrer Steuerung zu berücksichtigen. Außerdem birgt die Debatte um den grünen Wandel nicht nur Reputationsrisiken. Vielmehr verheißen entsprechende Produkte und Dienste auch Ertragspotenzial. Ende Juni etwa hat die Bank mit dem Agrarrohstoffkonzern Olam International den eigenen Angaben zufolge ersten an ESG-Kriterien gebundenen Währungs-Forward-Kontrakt Asiens abgeschlossen. Erfüllt Olam vordefinierte Nachhaltigkeitsziele, erhält sie einen Abschlag.Das Engagement gilt auch dem Betrieb des Hauses: “Wir wollen bis 2025 nur noch Strom aus erneuerbaren Energien im eigenen Betrieb verwenden”, erklärt Eigendorf: “Wir werden es aber nicht schaffen, ganz ohne Kompensation CO2-neutral zu werden. Wichtig ist uns aber, dass wir immer weniger kompensieren müssen. Wir verankern Nachhaltigkeit immer tiefer in unsere Prozesse.”Der Weg der Bank aber ist noch weit. Konkurrenten in Ländern wie Frankreich oder den Niederlanden sind wesentlich weiter. Während sich die Deutsche Bank zunehmend Green Finance widmet, wird anderswo schon über die Finanzierung einer Kreislaufwirtschaft nachgedacht. Dies liegt auch daran, dass nachhaltiges Wirtschaften in Frankreich und den Niederlanden eher Teil der Staatsräson ist. So ist es etwa gekommen, dass die bundeseigene Finanzagentur das Mandat für die Begleitung des ersten Green Bonds des Bundes nach Frankreich an Crédit Agricole gegeben hat. “Wir nehmen das sportlich”, meint Eigendorf.Die Deutsche Bank habe den Trend der Nachhaltigkeit keinesfalls verschlafen, heißt es dazu bei Beobachtern. Vielmehr hatte sie demnach, als der Trend vor Jahren aufkam, noch ganz andere Probleme, zum Beispiel eine potenziell existenzbedrohende Schadenersatzforderung des US-Justizministeriums über rund 14 Mrd. Dollar. Auch sind frei verfügbare Mittel der Bank knapp, um ihren Rückstand schlagartig wettzumachen. Kritik an Arktis-EngagementUmstrittene Geschäftsfelder der Bank bestehen aber vorerst fort. So hat sich das Haus, das sich in öffentlichen Äußerungen neuerdings regelmäßig einen grünen Anstrich gibt, nicht aus der Finanzierung von Öl- und Gasaktivitäten in der Arktis zurückgezogen. In den Jahren 2016 bis 2018 finanzierte das Institut entsprechende Vorhaben mit insgesamt knapp 1 Mrd. Dollar. Insgesamt stellte die Bank Unternehmen mit Bezug zu fossilen Brennstoffen in dieser Zeit knapp 54 Mrd. Dollar bereit, wie Umweltschützer errechnet haben.In der Bilanzpressekonferenz im Januar hat Sewing ausweichend auf die Frage antworten, wie die Bank mit solchen Finanzierungen umgehe. Dies könnte sich ändern. Wie Gerald Podobnik, Finanzvorstand der Unternehmensbank und Mitglied im Sustainable-Finance-Beirat der Bundesregierung, dieser Tage ankündigte, will das Haus nach einer Richtlinie zu Kohlefinanzierungen gegen Ende dieses Monats eine weitere zu Öl- und Gasfinanzierungen folgen lassen. “In der Frage fossiler Brennstoffe werden wir uns klare Regeln geben, was wir tun und was wir nicht tun wollen”, erklärt Eigendorf. Alles andere als ein Rückzug aus der Arktis – zu dem sich französische Banken wie BNP Paribas schon vor Jahren entschlossen haben – wäre eine Blamage für das Haus.Zudem hat sich die Bank jüngst an der Selbstverpflichtung deutscher Banken zu mehr Nachhaltigkeit beteiligt: Die Deutsche Bank, Commerzbank, LBBW und weitere Adressen, vor allem Auslands- und Nachhaltigkeitsbanken, haben darin angekündigt, ihre Kredit- und Anlageportfolios nach den Zielen des Pariser Klimaabkommens auszurichten und dazu bis Ende 2022 geeignete und “gegenseitig akzeptierte Methoden” zu entwickeln.Derzeit werkelt die Deutsche Bank noch daran, Parameter für die Nachhaltigkeit von Krediten zu erarbeiten. Der deutsche Branchenprimus hat Forderungen von rund 450 Mrd. im Portfolio. Zumindest im nationalen Wettbewerb steht die Deutsche Bank mit ihrer Selbstverpflichtung gleichwohl durchaus achtbar da: Genossenschaftsbanken und Sparkassen glänzen bei dieser Selbstverpflichtung bislang noch vor allem durch Abwesenheit.