EINZELHANDEL IN DER KRISE

Berlin bleibt bei Karstadt auf Distanz

Hilfsinstrumente in der Coronakrise sollen nur grundsätzlich gesunde Unternehmen stützen

Berlin bleibt bei Karstadt auf Distanz

Die Hoffnung auf Staatshilfe in der Coronakrise hat sich für die Warenhauskette Galeria Karstadt Kaufhof zerschlagen. Das Unternehmen flüchtet unter den Insolvenz-Schutzschirm. In Berlin ist die Regierung darauf bedacht, in der Krise vor allem die grundsätzlich gesunden Unternehmen mit Instrumenten zu stabilisieren. wf Berlin – Zur wirtschaftlichen Lage und geschäftspolitischen Entscheidungen einzelner Unternehmen äußert sich die Bundesregierung grundsätzlich nicht öffentlich. Dies hält sie selbst bei eigenen Beteiligungen so, etwa bei der Commerzbank. So war es nicht weiter überraschend, dass Reaktionen aus Berlin zum Hilfsgesuch von Galeria Karstadt Kaufhof weitgehend ausblieben. Allein aus der FDP-Bundestagsfraktion kam Kritik an der Geschäftsführung der Warenhauskette.Galeria Karstadt Kaufhof hatte sich am Dienstag samt der Tochter Karstadt Sport unter den insolvenzrechtlichen Schutzschirm geflüchtet und steht nun unter dem Kuratel von Sachwalter Frank Kebekus und dem Generalbevollmächtigten Arndt Geiwitz (vgl. BZ vom 2. April). Der Konzern hatte nach dem Shutdown durch die Coronakrise seine Filialen schließen müssen und verliert nach eigenen Angaben jede Woche mehr als 80 Mill. Euro Umsatz.Gespräche mit der Hausbank über Hilfskredite waren fruchtlos geblieben. CFO Miguel Müllenbacher erklärte nach Firmenangaben, das Unternehmen habe sich mit aller Kraft um staatliche Hilfe bemüht. Müllenbacher würdigte zwar die Bemühung der Politik, Unternehmen in der “historischen Krise” zu stützen. Staatlichen Garantien zu erlangen, sei aber “sehr bürokratisch, kostet wertvolle Zeit, ist mit zusätzlichen Hürden verbunden – und hat deshalb einen ungewissen Ausgang”. Dies hätten die Gespräche mit der langjährigen Hausbank gezeigt.Für Unternehmen in der Größenordnung von Karstadt Kaufhof hat der Bundestag vergangene Woche zwei zentrale Hilfsinstrumente in Kraft gesetzt: Liquiditätshilfen des Förderinstitutes KfW in unbegrenzter Höhe und den Wirtschaftsstabilisierungsfonds WSF. Der Fonds ist mit einer Garantieermächtigung von 400 Mrd. Euro und einer Kreditermächtigung von 200 Mrd. Euro ausgestattet. Damit soll der WSF Unternehmen rekapitalisieren können – etwa über Staatsgarantien für Unternehmensanleihen oder hybride Kapitalinstrumente. Selbst Staatsbeteiligungen sollen als letzte Rettung möglich sein. Der WSF ist derzeit noch nicht arbeitsfähig, da noch Rechtsverordnungen zu Detailvorschriften ausstehen. Diese Verordnungen müssen mit dem – in der Krise gelockerten – EU-Beihilferecht kompatibel sein und werden derzeit von der Bundesregierung in Brüssel verhandelt. Wichtige Kreditprüfung Für den WSF wie auch für die KfW-Liquiditätskredite gilt, dass damit grundsätzlich gesunde Unternehmen gestützt werden sollen. Die Bundesregierung will vermeiden, dass Wackelkandidaten, die schon vor dem Ausbruch der Corona-Pandemie wirtschaftliche Schwierigkeiten hatten, nun über die staatlichen Hilfen künstlich am Leben gehalten werden. Deshalb ist den Fachleuten in den Ministerien der Selbstbehalt der Geschäftsbanken von 20 % bzw. 10 % bei der Durchleitung von KfW-Krediten, der die Darlehen für Karstadt Kaufhof gebremst haben dürfte, durchaus willkommen. Die Kreditprüfung der Banken stellt einigermaßen sicher, dass die Spreu vom Weizen getrennt wird. Diese Aufgabe könnte der Staat allein nicht leisten.Reinhard Houben, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, konstatiert, Karstadt Kaufhof sei mit dem Geschäftsmodell des klassischen Warenhauses schon vor Corona in Schwierigkeiten gewesen. “Die Geschäftsführung macht es sich nun einfach”, kritisierte Houben. Andere Unternehmen in Schwierigkeiten kämpften darum, die Miete zu bezahlen. Die Galeria-Gruppe habe die Mietzahlung eingestellt. Die Mitarbeiter bekämen Insolvenzgeld. So nutze die Geschäftsführung die Coronakrise dazu, Personal ohne Einfluss der Gewerkschaft abzubauen.